30jähriger Krieg 1618 - 1632, erste Hälfte

Die ersten Jahre, 1618 - 1620, Teil 1


Freitag, 27. März 2020

Bild links:

Uniformtafel 30-jähriger Krieg


Vorwort

 

Schon immer waren wir verwirrt darüber, daß der 30-jährige Krieg zwar offiziell 1618 beginnt, es jedoch erst 1620 richtig loszugehen scheint. Was geschieht in diesen beiden Jahren dazwischen? Wir haben uns umgeschaut, nicht viel gefunden und dann ein interessantes Werk aufgetan: „Schlachten, Belagerungen und Gefechte In Deutschland und den angrenzenden Ländern von 1618 – 1629“ von R. von Rothenburg in der 3. Auflage (Wien, 1835); und darinnen findet sich viel Bemerkenswertes; jede Menge Schlachten, Belagerungen und Gefechte, allerdings ohne ausführliche Beschreibung. Machen wir das Beste draus.

Wer selbst nachschauen möchte: https://ia802609.us.archive.org/12/items/schlachtenbelag00rothgoog/schlachtenbelag00rothgoog.pdf

 

 

 

Bild links: Prager Fenstersturz; Matthäus Merian (1593-1650): Darstellung des Zweiten Prager Fenstersturzes aus dem Theatrum Europaeum von Johann Philipp Abelinus; gemeinfreier Stich

 

Einleitung

 

Der 30-jährige Krieg hätte eigentlich schon ein paar Jahre früher beginnen können. Zwar nicht bereits 1517, als Martin Luther für die Kirchenspaltung sorgt, und auch nicht 1547, als die protestantische Kampfgemeinschaft „Schmalkaldischer Bund“ haushoch vom Kaiser geschlagen wird, aber seit Beginn des 17. Jahrhunderts brodelt es allüberorten. In Frankreich gehen die Katholiken und calvinistischen Protestanten („Hugenotten“) nicht mehr aufeinander los, nach fast 50 Jahren kommt es dort mit kleinen Nachbeben zum Frieden. Im Nordwesten erklären sich Teile der holländischen Provinzen calvinistisch und führen Krieg gegen Spanien, zu dem dieses Gebiet eigentlich gehört.

 

Und wie steht wie steht es inzwischen im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation? Unter dem äußerst schwachen Kaiser Rudolf II. (sagen wir es kurz und schmerzlos: ein geistig zurückgebliebener Esoteriker) kommt es im Reich zu Auflösungserscheinungen. So gilt der Jülische Erbfolgestreit („Jülich’scher Succzessionsstreit“) (1609) als eine der Ursachen des 30-jährigen Krieges. Nicht nur Katholiken und Protestanten geraten sich hier wegen des Erbes in die Wolle, auch der französische König mischt sich unverblümt ein (sonst verteilt er nur heimlich Gelder – an die Feinde des Kaisers). Es ist diesmal ausnahmsweise nicht Ludwig XIV. sondern Heinrich IV. der gerade von den Hugenotten zu den Katholiken übergegangen ist, um Frankreichs 50-jährigen Krieg zu beenden und munter in Deutschland weiter Unfrieden zu stiften. 1608 fühlen sich die protestantischen Fürsten stark genug, gegen den Kaiser zu opponieren und gründen die Union. Danach (1609) tun sich notgedrungen auch die katholischen Fürsten zusammen, zur Liga. Haupt der letzteren wird Maximilian von Bayern, bei den Protestanten tut sich der Kurfürst von der Pfalz, der spätere „Winterkönig“ hervor. Im selben Jahr erliegt Heinrich IV. einem Attentat (übrigens begangen von einem Hugenotten). Wenig später löst sich die protestantische Union wieder auf, wohl vor allem, weil die französischen Hilfsgelder jetzt erst einmal ausbleiben. Die Liga hingegen bleibt bestehen.

 

Bild links: Mitteleuropa am Vorabend des Dreißigjährigen Krieges. Habsburgischer Besitz: (gelb)

österreichische Linie (Tirol bis Ungarn im Osten)

spanische Linie (Mailand bis Flandern im Westen)

 


Inzwischen ist Matthias seinem Bruder Rudolf auf dem Thron nachgefolgt. Er läßt in Böhmen (dessen König er ist), zwei neu errichtete protestantische Kirchen niederreißen (sie sind ohne Absprache mit ihm erbaut worden), was die Böhmen als Verletzung des „Majestätsbriefes“ ansehen, in dem ihrem Glauben Gleichheit mit dem katholischen verbrieft wird. Graf Thurn, einer der Sprecher der böhmischen Stände (Vorform des Parlaments) wiegelt die Stände auf, und es kommt zum Prager Fenstersturz, wobei die Statthalter des Kaisers (seine Stellvertreter vor Ort) kurzerhand aus dem Fenster geworfen werden. Dann sammelt er alle in Böhmen stehenden Truppen – auch die des böhmischen Königs, also des Kaisers. Da es sich bei nahezu allen Soldaten der damaligen Zeit um Söldner handelt, lassen die sich für gutes Gold gern „überreden“. Mit dieser Armee marschiert er los, bringt den katholischen Ort Krumau und belagert dann das ebenfalls katholische Städtchen Budweis.

 

Aber auch der Kaiser ist nicht untätig geblieben und hat ein Heer angeworben. An deren Spitze stehen die Generäle Boucquoy und Dampierre, die nun in Böhmen einmarschieren; ersterer ist aus Flandern, letzterer Franzose – man sieht, auch die Generäle sind Söldner. Der 30-jährige Krieg ist ausgebrochen.

 

2. September 1618 Neuhaus

 

Nachdem General Dampierre vergeblich versucht hat, Burg Landstein zur Kapitulation zu bewegen, zieht er weiter vors südböhmische Neuhaus. Dessen Besatzung schlägt jedoch alle Angriffe zurück. Schließlich bricht der protestantische Graft Thurn seine Belagerung von Budweis (Garnison 1500 Mann) ab, um Neuhaus zu entsetzen. Da die gesamte böhmische Stände-Armee angerückt ist, verjagt man die kaiserlichen Truppen unter Dampierre bis nach Bistritz (ganz im Westen Böhmens). Dort verschanzen sich die Kaiserlichen hinter einem Teich und einem Gehölz. Bald erreichen sie Verstärkungen von General Boucquoy, und am 5. September steht er wieder von Neuhaus. In der Nacht läßt er bei Gewitter und Dunkelheit die Stadttore durch Petarden (Sprengvorrichtungen gegen Tore und alle Arten von Sperren) aufbrechen. Die Kaiserlichen dringen ein, aber die Besatzung wirft die Angreifer wieder hinaus, nachdem sie ihnen heftige Verluste beigebracht hat. Dampierre zieht ab und gelangt vor Pilgram (Südostböhmen)

 

Bild links: Gemeinfreier Steindruck, zeigt typische Schlachtszene

 

 

6. September 1618 Pilgram

 

Als Graf Thurn davon Nachricht erhält, daß Dampierre sich auf dem Weg nach Pilgram befindet, entsendet er Truppen, die das Städtchen verteidigen sollen. Doch diese zukünftige Garnison wird schon auf dem Weg dorthin von den Kaiserlichen überfallen und zur Hälfte vernichtet, zur anderen Hälfte gefangengenommen. Der General läßt die wehrlose Stadt gleich besetzen.

 

Oktober 1618 Czaslau/Tschaslau

 

Vor Tschaslau (oberhalb von Pilgram) werden die von Dampierre ausgesandten Truppen von einer feindlichen Übermacht überfallen. Da beide Seiten (mittlere?) Geschütze einsetzen, erleiden sie schwere Verluste). Schließlich müssen sich die Kaiserlichen in einen Wald zurückziehen, wo sie von Scharen böhmischer Bauern drangsaliert werden.

 

 

Beim nächsten Mal

Verfolgen wir das weitere Schicksal der Gefechte in Böhmen.