30jähriger Krieg 1618 - 1632, erste Hälfte

Mittwoch, 07. September 2016

Schlacht von Zablat 1619 - Karte aus den Hogenbergschen Geschichtsblättern

 

Einstimmung

 

Mit dem Prager Fenstersturz 1618 (übrigens dem historisch zweiten) beginnt laut Geschichtsbüchern der Dreißigjährige Krieg, aber bis es zu Kampfhandlungen, ja zu einem ausgewachsenen Krieg kommt, vergehen noch etliche Monate. Die böhmischen Stände (eine Art Vorform eines Parlaments), mehrheitlich lutherisch, sagt sich von der Herrschaft des katholischen Kaisers los, als 1619 der erzkatholische Ferdinand II. auf den Thron gelangt. Er erbt den böhmischen (und ungarischen) Königstitel. Nach langen Beratungen will man in Böhmen aber einen eigenen König einsetzen und sucht nach einem geeigneten Kandidaten. Der muß drei Grundvoraussetzungen erfüllen: von höherem Adel sein, protestantisch sein und gewillt sein, dieses Amt zu übernehmen. Es gibt zwei Kandidaten, Johann Georg, Herzog von Sachsen, und den Pfalzgrafen Johann, der allerdings Calvinist ist; beide sind Kurfürsten. Die Ständevertretung entscheidet sich für letzteren, denn der Sachse ist zwar Lutheraner, gilt aber als Parteigänger des Kaisers und wird womöglich den Abfall vom Kaiserhaus nicht mitmachen woillen. Johann ist übrigens auch nicht so ganz wohl in seiner Haut, fürchtet er doch, daß der Kaiser ihm diesen Schritt übelnehmen wird (zurecht, wie die letztlich kurze Herrschaft des Pfalzgrafen beweist).

 

Die Böhmen sammeln Truppen, der Kaiser ist noch nicht ganz so weit, er hält erst einmal nach Verbündeten Ausschau. Graf Ernst von Mansfeld, ein Kriegsunternehmer, der sich jedem mit genügend Kasse verkauft, dient sich den Böhmen an, und weil er gleich mit einer Armee erscheint, machen sie ihn zu ihrem Oberbefehlshaber. Zur ersten Kampfhandlungen kommt es 1618 mit der Belagerung der katholischen Stadt Pilsen, das nach dreimonatiger Belagerung fällt. Erst 1619 hat der Kaiser genügend Soldaten beisammen, um militärisch in Böhmen einzugreifen, dem sich inzwischen Schlesien, die beiden Lausitze, Oberösterreich und Niederösterreich angeschlossen haben. Auch das protestantische Siebenbürgen macht mit. Und Böhmen kann noch weitere Erfolge erringen. General Bucquoy, der erste Oberbefehlshaber des Kaisers erlebt eine Niederlage, Budweis wird belagert, und die Böhmen ziehen sogar vor Wien, um es zu erobern (dort stellen sie aber fest, daß sie weder Belagerungs-Artillerie noch sonstiges Belagerungs-Gerät mitführern, woraufhin sie erst einmal ratlos sind; der Mangel an Artillerie begleitet die Böhmen während ihres gesamten Aufstands).

 

Doch dann wendet sich das Blatt, 1619 fängt General Bucquoy die Armee Mansfelds auf dem Weg nach Budweis bei Sablat (auch Zablat) ab.

 

Schlachtaufstellung

 

Die Quellenlage ist wieder einmal schlecht. Wir finden keine Karte, kein Video, keine Schlachtaufstellung, aber eine handcolorierte Zeichnung, und die hat es in sich. Wir haben sie über diesen Einstieg in die Schlacht von Sablat gestellt und dann in Viertel geteilt, die wir kommentieren wollen.

 

Die dürftigen Zahlen, die vorliegen, sprechen lediglich von 5000 Mann auf der kaiserlichen Seite und 4000 (auch 2000 und 3000 werden genannt) Soldaten auf der böhmischen.

 

Richten wir uns also danach. Auf der Zeichnung stehen die Kaiserlichen auf der linken, die Böhmischen auf der rechten Seite.

 

Quadrant links oben: Oben erkennen wir eine Schwadron berittener Arkebusiere, davor 300 Musktiere. Der Zeichner scheint es sich zu eigen gemacht zu haben, Musketiere mit geschulterter Waffe darzustellen, Arkedusiere hingegen mit vorgehaltenem (vor der Brust) Gewehr. Beides korrekt. Vor diesen eine weitere Schwadron berittener Arkebusiere; selbige umschwärmen stets die eigene schwere Reiterei (Kürassiere), um den Gegner zu stören. Die vordere Schwadron hier scheint den Kürassieren zum Flankenschutz entgegenzueilen und um den fliehenden Gegner zu verfolgen.

 

Wir machen weiterhin zwei „Tercios“ aus. Nun sind die deutschen Tercios kleiner und flacher als die spanischen (welche aber auch nicht mehr die ursprünglich einmal 3000 Mann aufweisen). Der vordere Tercio scheint nur Arkebusiere als Schützen mitzuführen, was darauf schließen ließe, daß die vorhin erwähnten 300 Musketiere von ihm abgegeben worden sind, um andere Aufgaben zu erfüllen (Flanken-, Brückenschtz und dergleichen). Es kann aber auch sein, daß diese 300 ein eigenständies Fähnlein darstellen, durchaus keine Seltenheit. Dem aufmerksamen Beobachter fällt auf, daß die Tercios an ihrer Rückseite keine Schützen mehr aufweisen, wie es beim Aufmarsch üblich ist. Entweder hat man von vornherein dort keine aufgestellt, oder die dortigen Schützen sind nach vorn gelaufen, um am Feuergefecht teilzunehmen; nach unserer Vorstellung etwas ungewöhnlich, aber wir lassen uns ja gern belehren. Wir berechnen die Tercios mit je 16-1800 Mann, wobei Gleichstand zwischen den Pikenieren und den Schützen herrschen dürfte.

 

Quadrant links unten: Hier finden wir etliche kaisertreue Offiziere jener Zeit: oben links Befehlshaber Bucquoy, unten Feldmarschall Tampier (besser bekannt als Dampierre) und rechts oben die „wallensteinischen Kürassiere“, die der mährische Fürst und Großgrundbesitzer Wallenstein aus eigener Tasche finanziert und in die Schlacht geschickt hat. Seine Kürassiere werfen gerade die gegnerische Reiterei zurück. Wir erkennen Lanzenreiter (Lanzierer) und Kürassiere, aber auch Kürassiere mit Gewehren (leichtere und kürzere Kavallerie-Schußwaffen), statt der üblichen Pistolen.

 

Quadrant rechts oben: Hier sehen wir ein Heer in Auflösung, die Reiterei flieht – es dürfte sich ebenfalls um ein Kürassier-Regiment (mit etwa 1000 Mann oder geringer) handeln. Der böhmische Tercio, ohne Schützen an der Vorderseite – diese scheinen, zusammen mit einigen Pikenieren, etwas weiter oben in Stellung gegangen, jedoch schon bereit zu sein, Fersengeld zu geben. Die Böhmen dürften aber über einen zweiten Tercio verfügt haben, sonst kommt ihre Maximal-Anzahl nicht hin. Allerdings sind die böhmischen Einheiten, weil frisch ausgehoben, kleiner als die kaiserlichen.

 

Quadrant rechts unten:
Hier machen sich einzelne Schwadronen Kürassiere bereit, den Wallensteinern in die Parade zu fahren. Mittendrin der Graf von Mansfeld. Schade, daß nur 3 Geschütze zu erkennen sind. Den Artillerie-Mangel haben wir bereits angesprochen, aber diese 3 mittleren Stücke sind für eine Hochrechnung zu wenig.

 

Wir fassen zusammen:

Kaiserliche:

300 Musketiere

2x 80-100 berittene Arkebusiere

1000 wallensteinische Kürassiere

32-3600 Fußsoldaten

Hinzu kommt die Artillerie

In summa: ca. 5000 Mann

 

 Böhmische:

 

1000 Kürassiere

2 Tercios mit zusammen ca. 2800-3200 Mann (oder nur einen, um auf die in manchen Quellen viel niedriger angegebene Anzahl zu kommen).

 

Artillerie

 

In summa: zwischen dreitausend und gut viertausend Mann.

 

Diese Zeichnung ist gemeinfrei und wurde um 1630 on den Hogenbergschen Geschichtsblättern von Abraham Hogenberg, einem Kölner Kujpferstecher veröffentlicht.