30jähriger Krieg 1632 - 1648, zweite Hälfte


Mittwoch, 12. September 2018

Bild links: Mörser

 

 

Trau niemals …

 

einem Stadtarchiv-Artikel. Da stimmt so einiges nicht oder wird durcheinandergeworfen, und wir sind drauf reingefallen. Im heutigen Schlachtbericht richten wir uns deswegen lieber nach Hanns Eggert Willibald von der Lühe und dem von ihm zusammengestellten und redigierten (bearbeiteten) Militair-Conversations-Lexikon, genauer dem Band V (im Internet zu finden unter: https://ia800305.us.archive.org/28/items/militairconvers06lhgoog/militairconvers06lhgoog.pdf

 

(Und stellen peu-a-peu die Zahlen richtig; das Stadtarchiv bringt auch einiges an Statistik, auf deren Wiedergabe wir hier aber verzichten möchten. Zur Ehrenrettung: Memmingen steht nicht alleine da, meine Heimatstadt Köln kann es auch, und wie!)

 

Bild links: Infanterie für beide Seiten

 

 

Schlachtbericht

 

Am 20. September fangen die bayerischen Truppen mit der Einschließung von Memmingen an, das die Schweden erst kürzlich erneut besetzt haben.

 

Nach Chronistenberichten ist nur auf der der Iller zugekehrten Seite eine Befestigung vorhanden, die diesen Namen auch verdient. Auf der gegenüberliegenden Seite wird die Annäherung der Belagerer an die Stadt durch die Aach und einige zufließende Bäche erschwert. Auch muß eine Überschwemmung überwunden werden.

 

Bei Belagerungen der frühen Neuzeit werden im Schutze von Schanzkörben Gräben vorangetrieben, die im Zickzackkurs verlaufen. Manchmal reichen solche Gräben bis kurz vor die Stadtmauer. In ihnen sammeln sich Truppen zum Sturmangriff oder stehen nachts die Wachtposten. Gräbt man aber in wasserreichem Gebiet, füllen sich die Gräben mit Wasser oder – bei Hochwasser – Erdreich rutscht in den Graben.

 

 

Bild links: Infanterie für beide Seiten

 

 

Am 21. September versammelt der schwedische Stadtkommandant die Memminger Bürger und versichert ihnen, sein Möglichstes zur Verteidigung der Stadt zu tun. Aber die Bürger müßten mithelfen. Der „Rath“ der Stadt lehnt dies Begehren ab, man einigt sich aber darauf, daß 200 Handwerksgesellen für Schanzarbeiten gestellt werden. (Musketiere und Pikeniere, ganz zu schweigen von der Reiterei, lehnen solch niedere Tätigkeiten für sich strikt ab.)

 

In den ersten Tagen der bayerischen Einschließung befindet sich nur Reiterei vor der Stadt, dann, am 27. und 28. September trifft das Hauptheer mit der Artillerie ein. Hinzu kommen dann noch zwei weitere Infanterieregimenter mit zwei schweren Geschützen und „einem bedeutenden Munitionspark“. Die Belagerung befiehlt der kaiserliche Feldzeugmeister (Oberbefehlshaber der gesamten kaiserlichen Artillerie) Enkewörth) und ihm zur Seite stehen drei Generalmajore: de Lapier, von Winterscheid und Royer.

Bild links: Infanterie für beide Seiten

 

 

Am 29. September läßt der Schwede zwei neue Schanzen außerhalb der Stad errichten, gegen die die Bayern am 30. eine „armierte“ (befestigte, verschanzte) Batterie in Stellung bringen. Da sie aber nur mit leichten und einem mittleren Geschütz bestückt ist, bleibt ihr Feuer ziemlich wirkungslos. Ebenso vergeblich bleiben auch die Bemühungen, das Wasser des Stadtbaches umzuleiten; die Mühlen Memmingens bleiben bis zum Ende der Belagerung in Betrieb.

 

Am 5. Oktober bauen die Bayern eine zweite Batterie mit stärkeren Geschützen, aus der 30 Schuß abgegeben werden. – Am 7. unternehmen die Schweden mit 1500 Mann Infanterie und ihrer gesamten (allerdings zahlenmäßig sehr geringen) Reiterei einen Ausfall gegen die neue Batterie (das einzige Mittel des Belagerten, etwas gegen solche Belagerungsartillerie zu unternehmen, insofern er nicht über ausreichend eigene schwere Geschütze verfügt). Sie zerstören einige an Schanzarbeiten (Gräben, Schanzkörbe und was sonst noch) und können 5 Kanonen „vernageln“ (die Zündlöcher der Geschütze jener Zeit haben einen Durchmesser von 4-6 mm, durch welche das Zündkraut ins Kanonenrohr geführt wird; will man ein Geschütz zeitweise unbrauchbar machen, schlägt man einen Nagel in das Zündloch.) In der nächsten Nacht rächen sich die Bayern mit „Bomben“ (vermutlich sind hier Brand- oder Feuerkugeln gemeint, aus Eisendraht gebaute Körbe, die mit leicht entzündbaren Materialien gefüllt, mit Drillich umwickelt, zugenäht und dann von einem Mörser „geworfen“ werden (ein Mörser schießt nicht, sondern wirft, weswegen man ihn ja auch Werfer oder Granatwerfer nennt). Und so geht es die nächsten Tage fort: tagsüber machen die Belagerten Ausfälle, und nachts fallen ihnen Brandbomben auf die Köpfe. Im Memmingen beklagt man vor allem die Vernichtung von Getreidevorräten; manche der Bomben sind bis zu 120 Pfund schwer.

 

Das bayerische Feuer richtet immer mehr Schaden an (zum Beispiel am Westertore), und die Schweden stürmen nun auch des Nachts aus der Stadt. Am 5., 6. und 7. November zünden die Bayern Minen in vorgetriebenen Stollen, die aber nicht viel Schaden anrichten. Am 11. wiederholen sie das, diesmal mit größerem Erfolg.

Bild links: Transportkarren

 

 

Am 14. November folgt der nächste Ausfall der Schweden, der aber von den Bayern abgewiesen wird. Am 17. erfolgt dann der letzte große Ausbruch der Belagerten und scheitert ebenfalls.

 

Am 20. November beginnen die Kapitulations-verhandlungen Memmingens, und am 23. marschieren die Bayern in die Stadt ein, nachdem die Schweden freien Abzug erhalten haben.

 

Nach anfänglichen Erfolgen gelingt den Schweden später kaum noch etwas. Anders die Bayern, die sich anscheinend einarbeiten müssen und erst zum Schluß planmäßig vorankommen. Daß sie und die Schweden die Belagerung nicht bis zu Ende ausfechten, liegt gewiß an der allgemeinen Kriegsmüdigkeit und dem vor der Tür stehenden Winter.

 

 

Und beim nächsten Mal

stellen wir einen Ausschnitt aus dieser Belagerung nach.