Burgunderkriege


Mittwoch, 03, Juli 2019

Bild oben: Ausschnitt Panoramagemälde Schlacht bei Murten – Louis Braun
https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Expo_02_-_Ausschnitt_Panoramagem%C3%A4lde_Schlacht_bei_Murten_-_Louis_Braun.jpg?uselang=de


Nach der Niederlage bei Granson, nach der die Schweizer ihn nicht verfolgen können, weil sie nur zu Fuß in die Schlacht gezogen sind, gelingt es Herzog Karl, seine Armee zwischen Genf und Lausanne wieder zu sammeln. Verstärkungen, Geschütze und anderes Material fließen ihm aus Italien zu. Nur zwei Monate nach Granson, also im Mai d. J. ist er schon wieder einsatzbereit und wünscht nichts mehr, als sich an den Schweizern zu rächen. Er will nun Freiburg und Bern, seine Hauptgegner, niederwerfen. Wenn er Murten ausschalten kann, liegen diese beiden Städte vor ihm. Sind sie erst ausgeschaltet, kann er die ganze Schweiz bezwingen.

 

Bild oben: Gemeinfreie Karte aus dem Jahr 1880


Doch Murten ist nur ein kleiner Ort, und es reicht eigentlich, ihn durch eines seiner fünf Korps einzuschließen und zu belagern. Statt dessen begeht Karl wieder einen seiner alten Fehler, er bewegt seine gesamte Streitmacht vor das Städtchen. Bis Troß, Artillerie und anderes Schwerfällige dort eingetroffen sind, ist es der 10. Juni geworden. In der Stadt liegt eine Garnison von 1600 Mann, ziemlich viele, aber es herrscht Krieg, und außerdem angesichts von Karls gut 30 000 Mann doch nicht eine so große Menge. Dennoch verhöhnt man hier den Burgunder, indem man bei seinem Erscheinen die Stadttore nicht schließt (wie während der ganzen Belagerung nich)t.

 

Die Zahlenangaben in den Quellen weichen erheblich voneinander ab – wir versuchen eine Annäherung. Nördlich der Stadt steht das Korps des Grafen Romont mit 6000 Mann und beobachtet die Straßen, auf denen das Schweizerische Entsatzheer zu erwarten ist. Südlich der Stadt befindet sich des Herzogs Bruder Anton mit 15 000 Kriegern. Und im Osten hat Karl selbst mit 9000 Mann, in der Mehrzahl Reiter, das Plateau von Faong besetzt. 80 Geschütze schießen mit ihren Steinkugeln Löcher in die Mauern der Stadt. Dennoch weist die Garnison die beiden burgundischen Sturmangriffe am 4. und am 10. Tage der Belagerung zurück; die Angreifer erleiden dabei schwere Verluste (etliche tausend Ausfälle berichten einige Quellen, was nun doch arg übertrieben erscheint). So vergeht vor Murten viel Zeit, die die Schweizer nutzen, um ein schlagkräftiges Heer zusammenzubringen. Schließlich wollen sie dem Herzog eine deutliche Lektion erteilen, auf daß er so bald nicht wiederkomme. Die Armee der Verbündeten ist, eingerechnet die Garnison, beinahe ebenso groß wie die der Burgunder.

Bild links: Gemeinfreie Luzerne Chronik mit einer Serie von zeitgenössischen Darstellungen durch Dietbold Schilling dem Jüngeren; hier Belagerung von Murten, entstanden 1513

 

 

Die Schweizer setzen sich zusammen aus 4000 Reitern (vom Oberrhein und aus dem habsburgischen Österreich), 3000 Schützen (Handbüchsen und Armbrüste), 11 000 Langspieße und 10 000 Hellebarden mit Schwertkämpfern und Axtschwingern (inklusive der Garnison und der Fahnenwache). Man beachte, daß die Anzahl der Pikeniere bereits die der Hellebarden übertrifft. Die Schweizer stehen drei Stunden von den Burgundern entfernt. Eine schwache Vorausabteilung soll den Grafen Romont, dessen schwache strategische Fähigkeiten den Schweizern bekannt sind, ablenken. Der Rest will sich mit aller Macht auf den Herzog mit seinem Zentrum werfen, dieses vom rechten Flügel her aufrollen und gegen den See im Westen der Stadt drängen. Am 21. Juni setzt sich der Zug in Bewegung, und Karl bekommt von dem allen nichts mit. Aber er wundert sich, noch nichts vom Feind gehört oder gesehen zu haben. Während er noch überlegt, mit seiner Streitmacht in Richtung Bern weiterzuziehen, erreicht die Schweizer Vorhut die burgundischen Vorposten.

 

 

Karl läßt sofort seine Armee aufmarschieren, von G(r)eng bis Courlevon (heute in Murten eingemeindet), in einer etwa 4000 Schritte breiten Linie südlich der Stadt. Das Zentrum besteht aus Infanterie, 16 Mann tief, am linken Flügel die Italiener, am rechten (Courlevon) die Elite der Reiterei unter der Führung des Herzogs selbst. 40 Geschütze sind entlang der Schlachtlinie verteilt, die anderen 40 stehen vor dem rechten Flügel in einer Verschanzung. Weil es schon den halben Tag geregnet hat, trifft die Schweizer Hauptmacht erst jetzt, zur Mittagsstunde ein. Karl ist vor Ungeduld höchstlich genervt. Aber die Schweizer sind guter Dinge, als sie aus dem Wald treten, durch den sie sich angenähert haben, weil sich für sie alles nach Wunsch fügt. Sie können den rechten burgundischen Flügel in der Flanke angreifen! Die Geschütze in der Schanze richten einige Verluste unter den Schweizern an, aber keine dramatischen; vermutlich ist durch den Regen Pulver naß geworden; außerdem zielen die Kanoniere schlecht. Die Eidgenossen können die Rohre umgehen, die Schanze aus der Flank aufrollen und die Geschütze gegen die Burgunder richten. Doch die Schweizer sind zu siegessicher und senden einen Teil (wohl bis zur Hälfte, oder?) los, den Burgundern den Weg zu versperren, sollten diese nicht zum See flüchten.

Die burgundische schwere Reiterei greift nun aber die verbliebene Schweizer Kavallerie an und schlägt sie in die Flucht. Die eidgenössische Reserve kann den Feind zum Halten bringen. Der Rest der Schweizer greift nun das Zentrum an, welches sich aber in außerordentlicher Ordnung erfolgreich wehrt. Während die Sache lange unentschieden steht, greifen die verbliebenen burgundischen Reiter vom rechten Flügel ein und hätten Karl durchaus den Sieg bringen können, wenn nicht ihr Anführer ziemlich früh gefallen wäre. Im Mittelalter und auch in der Neuzeit sinkt der Kampfwert einer Truppe rasch gegen Null, sollte der Anführer tödlich verwundet werden. So auch hier, der Angriff bricht in sich zusammen, und der Herzog gibt die Schlacht verloren. Mit 3000 Reitern und etlichem Fußvolk entflieht er nach Wiflisburg (heute Avanches) in die Waadt, noch bevor die Reiter der Schweizer ihm den Weg verlegen können.

Die Eidgenossen machen sich über den noch unbehelligten linken Flügel her. Auch die Garnison von Murten unternimmt einen Ausfall, und man nimmt die Burgunder so erfolgreich in die Zange, daß nur ein kleiner Teil derselben entkommen kann. Der Großteil finden in den Wellen des Murtensees sein Ende. Graf Romont und seine Vorhut haben mitbekommen, daß der Herzog geflohen ist, und schließen sich ohne Federlesens seinem Beispiel an.

 

Bild links: Schlacht um Murten, aus der Luzerner Chronik, s.o.

 

 

Die Burgunder verlieren alle Geschütze (auch hier schwanken die Zahlen) und haben 10 000 Mann Ausfall. Die Schweizer geben 600 eigene Verwundete und 400 Tote an, was vielen Gelehrten als zu gering erscheint. Herzog Karl hat erneut sein allenfalls mittelmäßiges Feldherrentalent bewiesen, wohingegen die Schweizer ahnen lassen, zu welchen Höhen sie ihre neue Kriegführung noch führen werden. Bei der nächsten Begegnung zwischen Karl und den Schweizern, bei Nancy, geht es dann auch mit dem Herzog zu Ende.

 

 

Beim nächsten Mal

Stellen wir eine Szene aus dieser Schlacht vor.