Großer Nordischer Krieg 1700 - 1721


Freitag, 01. September 2017

Bild links: Sächsische Infanterie (MARS, eignen sich hervorragend als russische Infanterie)

 

Schlachtbericht

27. September am Morgen

 

Der Zar sendet 1000 Mann voraus, um die Schweden daran zu hindern, den Sosch bei Propojsk (heute Slawgorord in Weißrußland) zu überqueren. Der schwedische General Lewenhaupt schickt seinerseits 3000 Mann und etliche seiner Wagen nach Propojsk. Der Rest der Russen und Schweden hält weiter auf Lesnoja an. Lewenhaupt langt dort als erster an und schickt 6 Bataillone vor den Ort, um die später anrückenden Russen daran zu hindern, sich im Wald zu sammeln und zur Schlachtordnung zu formieren. Als Peter auf Sichtweite heran ist, will er nicht länger warten, bis die Schweden sich in eine noch günstigere Lage gebracht haben (sie haben Lesnaja bereits mit den Fuhrwerken in eine Wagenburg verwandelt). Die Truppen General Bauers sind noch ein ganzes Stück entfernt, es dauert Peter zu lange (tatsächlich trifft diese russische Abteilung erst am Nachmittag ein).

 

Der Angriff trifft die Schweden so unerwartet, daß sie eine Menge Verluste erleiden, ehe sie reagieren können. Dann treibt starkes Geschützfeuer die Russen zurück, und sie sammeln sich im Wald, wo der Zar die Garde-Regimenter zu einer Brigade zusammenfaßt. Dem will Lewenhaupt entgegenwirken und läßt der russischen Garde vier Bataillone mit 10 Kanonen und 4 Regimentern Kavallerie in die Flanke fallen. 5 weitere Schweden-Bataillone stehen bereit, notfalls sofort einzugreifen. Tatsächlich gelingt es den Schweden, zwei russische Regimenter zurückzudrängen und ihnen vier Geschütze abzunehmen. Erst das Eingreifen der Garde-Brigade wirft die Schweden wieder zurück und hindert sie daran, ihren Erfolg auszubauen. Als die Kräfte der Schweden erschöpft sind und sie sich zurückziehen, läßt der Zar erneut seine Truppen zur Schlachtordnung sammeln. Lewenhaupt läßt die schweren Geschütze gegen sie auffahren, und so geht es bis zur Mittagsstunde hin und her, bis beide Seiten sich eine Rast gönnen.

 

Bild 1: Russische Dragoner von Peter I
Bild 2: Schwedische Infanterie von Karl XII
Bild 3: Russische Garde von Zar Peter I

 

Am späten Mittag greifen die Russen erneut an, diesmal mit 8 Infanterie-Bataillonen und 4 Kavallerie-Regimentern. Dahinter stehen im zweiten Treffen 6 Kavallerie-Regimenter und dahinter noch einmal zwei. Die restliche Infanterie findet sich im zweiten Treffen. Die beiden ersten Treffen treten aus dem Wald und drängen die Schweden langsam, aber stetig auf deren Wagenburg vor dem Dorf zurück. Salve um Salve feuern die Pelotone (kleinste Infanterie-Einheit, vergleichbar dem neueren Zug) ab und müssen sich viermal die Patronentaschen nachfüllen lassen. Peter und Fürst Menschikow laufen an der Front entlang, um die eigenen Männer zu ermutigen. Hier kämpft übrigens auch der ehemalige General Repnin, den der Zar für die Niederlage bei Golowtschin (s. auf dieser Seite) verantwortlich gemacht und ihn zum einfachen Soldaten degradiert hat.

 

Gegen 15 Uhr sind die Schweden an die Wagenburg zurückgedrängt. Sie haben 8 Geschütze verloren, darunter auch die 4, die sie zuvor den Russen abgenommen haben. Doch noch steht es unentschieden. Die Reiter des General Bauer werden jetzt erwartet, und Lewenhaupt befiehlt den 3000 Mann, die er nach Propojsk geschickt hat, sich nach Lesnaja in Bewegung zu setzen.

 

Um 17 Uhr trifft Bauer ein, und die Russen besitzen zum ersten Mal die zahlenmäßige Überlegenheit. Verstärkt durch das Feuer der beförderungsfähigen Regimentsgeschütze greifen die Russen erneut an. Auf ihrem linken Flügel gehen die Schweden zum Gegenangriff über und können das weitere Vordringen der russischen Garde-Brigade aufhalten. Die Russen feuern Salve um Salve ab, und zwar in so rascher Folge, daß sie ineinander überzugehen scheinen. Sie haben schon bei früheren Gelegenheiten erkannt, daß die mörderischen schwedischen “Ga Pa”-Angriffe (s. Taktik in dieser Abteilung) nur so aufgehalten werden können. Es kommt zum Handgemenge, Mann gegen Mann.

 

Am Abend setzt Schneeregen ein, und man sieht die Hand vor Augen nicht. Einige Zeugen berichten, daß Männer von einer Kugel getroffen oder von einem Bajonett durchbohrt zu Boden gesunken sind, ohne ihren Gegner überhaupt gesehen zu haben.

 

Gegen 19 Uhr wird der Schneeregen so dicht, daß beiden Seiten die Kämpfe einstellen. Die Schweden haben zehn russische Angriffe abgewehrt und sind am Ende ihrer Kräfte. Die Russen ziehen sich 150 Meter von der Wagenburg zurück und bleiben unter Waffen. Am nächsten Morgen sollen die Kämpfe fortgesetzt werden.

 

Bild 1: Schwedische Kavallerie von Karl XII
Bild 2: Russische Artillerie von Zar Peter I
Bild 3: Schwedische Artillerie von Karl XII

 

Bild links: Schwedische Infanterie (MARS)

 

Abzug der Schweden

 

Lewenhaupt erkennt, daß ein weiteres Ausharren vor Ort niemandem etwas nutzt, denn er weiß, daß weitere russische Verstärkungen unterwegs sind. Außerdem steht es um die Moral seiner Truppe nicht zum Besten. Er befiehlt, nur das Allernotwendigste von den Wagen zu nehmen und am Mann zu tragen; gleichzeitig werden alle frei gewordenen Pferde von den Infanteristen bestiegen, damit man schneller vorankommt. Alles, was übrig bleibt, soll in Brand gesteckt werden. Etliche Schweden machen sich jedoch über die Alkoholvorräte her (und sind noch am nächsten Morgen nicht aus ihrem Rausch erwacht). Schweren Herzens läßt der schwedische General Verwundete, Volltrunkene und andere nicht Marschfähige zurück und setzt noch in der Nacht zum Ritt zum Heer des Königs an. Anfangs schiebt man die Geschütze mit. Doch die bleiben immer wieder im Strauchwerk oder an Wurzeln hängen und werden schließlich unbrauchbar gemacht. Den Abziehenden folgt noch sehr lange das Stöhnen der Verwundeten und Sterbenden, in der finsteren Nacht verirren sich ganze Gruppen und bleiben in Sümpfen oder anderem unwegbaren Gelände stecken. Eine ganze Reihe schwedischer Offiziere zieht die Rückkehr in die Quartiere Livlands dem Weitermarsch vor und entfernt sich von der Truppe. Die Schweden verlieren 6397 Mann an Toten und Verwundeten, weitere 700 werden gefangengenommen. Sie behaupten aber später, lediglich 1000 Mann verloren zu haben, während die Verluste des Gegners 20 000 betrügen. Die Russen haben nach heutigen Angaben 1111 Tote und 2856 Verwundete zu beklagen. Sie haben zum ersten Mal ein schwedisches Korps nicht nur aufgehalten, sondern auch noch zum fluchtartigen Abzug gezwungen. Das stärkt ihre Kampfmoral so sehr, daß sie im nächsten Jahr bei Poltawa die Schweden so vernichtend schlagen können, daß der Krieg damit für die Eindringlinge verloren ist.