Kriege in Osteuropa

1664 St. Gotthard/Mogersdorf

Schlachtaufstellung


Mittwoch, 04. Januar 2017

Einführung

 

Mit seiner Niederlage bei Mohacs hört Ungarn auf, ein eigener Staat zu sein, das Gebiet wird im wesentlichen zwischen dem Osmanischen und dem Habsburger Reich aufgeteilt, und es entsteht darüber hinaus das eigenständige Fürstentum Siebenbürgen. Mit dem Wegfall Ungarns verschwindet aber auch der bisherige Puffer Europas gegen die eroberungslüsternen Türken. Österreich (das Habsburgerreich) wird nun unmittelbare Grenze zu den Osmanen, und in der Folgezeit kommt es immer wieder zu Feldzügen von hüben nach drüben und umgekehrt.

 

Nachdem in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts relative Ruhe an der Donaufront (der Grenze zwischen den beiden Reichen) herrscht, werden die Türken in den 60er Jahren des Jahrhunderts unruhig. Auslöser sind Streitigkeiten um die Herrschernachfolge in Siebenbürgen (Habsburger und Osmanen unterstützen unterschiedliche Kandidaten). Die Türken können sich durchsetzen und nutzen die Gelegenheit zu einem Einfall in das österreichische Ungarn. An der Raab, einem der Hauptflüsse Ungarns, kommt es schließlich zur Schlacht. Früher benannte man diese nach dem in der Nähe befindlichen Kloster St. Gotthardt, doch in neuerer Zeit setzt sich immer mehr der Ortsname Mogersdorf durch, um das erbittert gekämpft wurde.

 

Widersprüche

 

Nicht nur die unterschiedliche Benennung der Schlacht wirkt befremdlich, auch die Zahlen für die beiden Armeen gehen weit auseinander. Sogar die entsprechende türkischsprachige Wikipedia-Seite kann für die osmanische Truppenstärke keine einheitliche Zahl angeben (von 50000 bis 90000, christliche Quellen reden sogar von bis zu 200 000 türkischen Truppen). Problematisch ist allerdings, daß nur Bruchteile dieser Streitmacht überhaupt an den Kämpfen teilgenommen haben, am ehesten zwischen 10 und 20000. Wenn man dann aber von 22000 toten und ertrunkenen Türken erfährt, wird es nicht nur befremdlich, sondern sogar unheimlich. – Geradezu komisch wird es aber, wenn nach dem Sieg alle möglichen Herrschaften sich als den wahren Sieger hinstellen, die Ungarn, obwohl deren Anteil an den Kämpfen kaum meßbar war, wie auch der französische König Ludwig XIV., der einige tausend Soldaten zu Hilfe geschickt hatte, deren Beitrag sich als überschaubar erwiesen hat, sich angeblich als „Türkensieger“ feiern ließ.

 

Neben diesen üblichen übertriebenen Zahlen gab es auch einige weitere Probleme. In den Dokumenten zur Schlacht heißt es, Janitscharen und Sipahi (aber keine anderen Truppenarten) seien zunächst über den Fluß gegangen und hätten dann auch in den Kämpfen die Hauptlast getragen. Wir sind nicht so ganz davon überzeugt. Statt gleich die Schlachtreiterei (genau das sind die Sipahi) einzusetzen, wird man doch wohl eher leichte Reiterei vorgeschickt haben, um die Stellungen des Feindes auszukundschaften, um ihn in Verwirrung zu bringen und ihn vielleicht sogar zu einer Verfolgung zu verleiten und dann in eine Falle zu locken. In einigen Berichten ist auch von Akindschi die Rede, und so schicken wir in unserer Schlacht lieber erst einmal diese leichten Reiter und die Janitscharen über den Fluß.

 

Und warum keine leichte Infanterie statt der Elite? Weil die nicht in gewünschten Maße zur Verfügung stand. Einen Großteil des türkischen Heeres machten die eher minder begeisterten Hilftruppen aus der Walachei und Siebenbürgen aus, hinzu kamen die üblichen Beutesucher aus Ungarn, Serbien und so weiter, auf deren Kampfmoral wenig zu geben war.

 

In der türkischen Armee war schon seit einiger Zeit ein Umbruch im Gange, die Reiterei stand nicht mehr unbedingt an erster Stelle, die Janitscharen und die Schützen bei den Provinztruppen wurden immer wichtiger, ebenso die Artillerie. Während früher die Janitscharen erst dann zum Tragen gekommen waren, wenn die Reiterei die Vorarbeit geleistet hatte, schickte man sie jetzt schon weit früher in die Schlacht, um den österreichischen und deutschen Infanterie-Regimentern zu begegnen.

 


Die Armeen

 

Die Osmanen haben (für uns am ehesten glaubwürdig) etwa 30000 Mann dabei, davon die Hälfte Sipahis und Janitscharen. Darüber hinaus Verbündete, Akindschi, Asabs (leichte Infanterie), Tataren und Provinztruppen. Aber von denen nehmen längst nicht alle unmittelbar an der Schlacht teil. Am Morgen des 1. August überwinden 3000 Janitscharen und 3000 Reiter (Sipahi oder Akindschi) die Raab und greifen das Zentrum an. Sie werden aber wieder zurückgeworfen und ziehen sich auf ihren Brückenkopf zurück. Am Nachmittag setzen weitere 4000 osmanische Reiter über. – Vielleicht sind im Laufe des Tages noch weitere Türken gekommen, sicher wissen wir aber nur von diesen 10000. Darüber hinaus führen die Osmanen angeblich zwischen 350-360 Geschütze mit, von denen die meisten aber nicht viel taugen (vermutlich noch mit Steinkugeln geschossen haben). Türkischen Quellen zufolge sollen nur einige davon bis ans Flußufer herangebracht worden sein.

 

Diesen stehen an die 25000 christliche Verbündete gegenüber, von denen aber auch längst nicht alle aktiv ins Geschehen eingreifen:

 

Habsburger: 5000 Infanterie (10 Regimenter)

 

5900 Kavallerie (27 Schwadronen)

 

10 Geschütze

 

Reichstruppen: 6200 Infanterie (6 Regimenter)

 

1200 Kavallerie (9 Schwadronen)

 

14 Geschütze

 

Rheinkreis: 600 Infanterie (2 Battalione)

 

300 Kavallerie (4 Schwadronen)

 

Franzosen: 3500 Infanterie (4 Regimenter)

 

1750 Kavallerie (10 Schwadronen)

 

Weitere Truppen: 2000 Kroaten, leichte Reiterei, die zu einem Regiment zusammengefaßt werden.

 

Ungarische Fußsoldaten in den Regimentern Szentgotthárd, Esterházy, Batthyány Nádasdy

 

Böhmische Musketiere, die aber oft unter die Österreicher gefaßt sind

 

Ein Infanterie-Regiment aus Savoyen.

 

Karten, Videos, Schlachtbilder

 

Die Quellenlage ist hier recht erfreulich, was für die frühere Bekanntheit dieser Schlacht spricht. Wir haben eine Auswahl getroffen. – Immer schwieriger wird die Situation hingegen bei den Videos, Dutzende (englisch-)gesprochener Filme überschwemmen „You Tube“, haben aber bis auf einen Vortrag fast nichts an Bildern und ähnlichem zu bieten, von bewegten Bildern ganz abgesehen. Wir halten das für Stuß und nennen sie deshalb unter uns „Schulfunk“.

 

Warum gerade Mogersdorf/St.Gotthard?

 

Diese Schlacht kannte früher jedes Kind, heute, im geschichtslosen Nachkriegs-Deutschland ist sie außerhalb von Fachkreisen weitgehend in Vergessenheit geraten. Der Sieg der Verbündeten über die Türken ist eigentlich nur ein Abwehrerfolg, beiden Seiten scheint die Auseinandersetzung an der Donaufront auch nicht so recht ins Konzept zu passen. Jedenfalls wendet sich der habsburgische Kaiser danach rasch wieder dem Westen zu, während der Sultan endlich die Insel Kreta einnehmen will.

 

Uns aber interessiert das Infanteriegefecht zwischen österreichischen und deutschen Infanterie-Regimentern auf der einen und den Janitscharen auf der anderen Seite. Beider Kampfweisen unterscheiden sich in einigen Punkten voneinander, und etwas Kavallerie ist ja auch dabei. Aber das untersuchen wir in den nächsten beiden Teilen.