Kriege in Osteuropa


Mittwoch, 29. Mai 2019

Bild links: Landsknechte Schwertkämpfer und Arkebusiere

 

Vorbemerkung:

 

Das ist zu blöd, eigentlich wäre heute Nancy aus den Burgunderkriegen an der Reihe gewesen, aber da hat es eine dämliche Panne gegeben, die sich nicht mit ein paar Klicks beheben läßt. Also haben wir aus der Reihe „Livländischer Krieg“ die Schlacht bei Ringen vorgezogen.

 

 

Einführung:

 

Nach der Eroberung von Narwa im Frühjahr könnte es eigentlich mit dem Krieg vorbei sein. Die Russen haben ihr Kriegsziel erreicht, einen Ostseehafen in ihren Besitz zu bringen. Aber der Deutsche Orden, dem große Teile Livlands (heute teilweise Lettland und teilweise Estland) gehören, gibt nicht so rasch Ruhe. Der alte Großmeister (so heißen die Landesvorsitzenden des Ordens) von Fürstenberg kann nicht mehr so recht, und schon drängen jüngere nach. Gotthard von Ketler will an seine Stelle treten, und das gelingt ihm auch Schritt für Schritt. Der Orden erleidet weitere Gebietsverluste, vor allem können die Russen Dorpat (auch Derpt und im Russischen Jurjew) gewinnen und ein Dutzend anderer Orte mehr. Da der Orden insgesamt nur über etwa 10 000 Bewaffnete verfügt, kann er nicht alle Orte schützen, und diejenigen Gemeinden, die über keine ausreichende Befestigung oder eineGarnison verfügen, unterstellen sich freiwillig den Russen. Im Sommer marschiert nochmals ein russische Streitmacht ein und erobert große Gebiete im Sturmlauf. September/Oktober steht die kalte Jahreszeit bevor, wie überhaupt nach russischem Kalender dann das Jahreswechsel ansteht.

 

Bild links: Landsknechte Pikeniere

 

 

Schlachtablauf:

 

Danach kehrt die Armee des russischen Zarenreichs in die "Winterwohnungen" zurück. Iwan und seine militärischen Führer glauben, daß der Krieg tatsächlich bereits vorüber und der Feind demoralisiert und besiegt sei, so daß von ihm keine unangenehmen Überraschungen mehr zu erwarten sind. Aber die Euphorie ist verfrüht. Koadjutor (Stellvertreter und Nachfolger des Großmeisters) Gotthard Ketler beschließt, vor dem bevorstehenden Winter eine Gegenoffensive zu starten, um Dorpat zurückzuerobern. Er bringt 10 000 Mann zusammen (darunter etwa 500 neugeworbene Söldner und 2000 Berittene). Dank der Hilfe der Hanse werden Landsknechte und Kürassiere aus deutschen Fürstentümern in Livland ausgeladen, und mit denen zieht er Richtung Dorpat. Sein Ziel ist klar: die Rückeroberung Dorpats, der zweitbedeutendsten Stadt Livlands. Könnte die wieder in die eigene Hand gebracht werden, wäre damit der russische Feldzug gescheitert. Nach zeitgenössischen Quellen stehen sogar 2000 Kavalleristen, 7000 Ritter und 10 000 Bauern unter der Führung des Koadjutoren. Von Reval aus berichten die örtlichen Krieger am 23. Oktober, daß Ketler 4000 Reiter und 15 Fähnlein Söldner (etwa 4-7 Tausend Mann).

 

Im Zarenreich hingegen ist man so sehr vom Sieg über die Livländer überzeugt, daß man den Anmarsch Kettlers und seiner Armee nicht so recht itbekommt. Und als er Ende September 1558 unter den Mauern von Ringen steht, ist die Überraschung groß. Stadtkommandant Ignatiew schickt einen Boten mit der Nachricht über die unerwartete Fortsetzung des Krieges nach Dorpat. Von dort geht die Meldung nach Moskau. Während dieser Zeit stoßen weitere Truppenteile zu Ketler. Es scheint so, als würden die Livländer keine Schwierigkeiten haben, Ringen einzunehmen.

 

Bild links: Landsknechte Pikeniere

 

 

Die in Livland zurückgebliebenen russischen Generäle haben nicht mehr als 2000 Mann zur Hand. Sie ziehen sich vor Ketler zurück und versetzen ihm lediglich Nadelstiche, indem sie Fourage-Trupps überfallen. Im ebenfalls von den Russen eingenommenen Ringen stehen 400 Mann, darunter 40 Bojarenkinder und 50 Schützen (in anderen Qullen 110 bis 400).

 

Natürlich hat der Koadjutor nicht die Belagerung und Einnahme der unwichtigen Burg Ringen im Sinn. Sein Hauptziel ist Dorpat. Umso mehr, nach den Berichten aus russischen Quellen, als er in Jurjew einige Verschwörer sitzen hat, die Korrespondenz mit dem Meister und Ketler selbst pflegen und ihnen die neuesten Nachrichten übermitteln. Die russischen Befehlshaber beklagen sich insbesondere darüber, daß die Deutschen von Dorpat an den "Maister" geschrieben hätten, das heißt, es gibt wenige zaristische Militärs in Dorpat und anderen Städten, und die verbleibenden sind "dem Guten treu". Ketler zweifelt nicht am Erfolg der Unternehmung, weil er glaubt, daß die Bevölkerung der Stadt ihm helfen wird. Er nimmt keine schwere Artillerie mit, weil nach seiner Ansicht es gar nicht erst zu einer Belagerung kommen wird. Ringen ist nur eine Etappe auf dem Weg nach Dorpat. Aber der Koadjutor hat seine Rechnung ohne die dortige Garnison gemacht. Ketler bietet Ignatiew und seinen Soldaten an, ihm die Festung zu übergeben. Aber der Bojaren-Sohn lehnt ab. Damit bricht Ketlers ganzer schöner Plan ein. Anstatt lediglich mit einem Zwischenhalt nach Dorpat zu marschieren, müssen die Livländer sich mit Ringen befassen. Und Ignatiew und seine Soldaten einfach zurückzulassen? Aber nein, einen vom Feind besetzten Ort im Rücken zu haben, bedeutet nur Scherereien. Die Belagerung einer kleinen, aber stolzen Festung beginnt. Ohne schwere Artillerie kann der livländische Heerführer keinen schnellen Erfolg erwarten. Deshalb sendet er einen Boten nach Dünamünde, um die erforderlichen Waffen nach Ringen zu bringen. Aber während sich der Bote auf dem Weg befindet, bis sich der Geschützzug gebildet hat, und während sich so langsam der Herbst ausbreitet, schmilzt die kostbare Zeit für Ketler dahin. Er muß sich schließlich eingestehen, daß von einem plötzlichen Angriff auf Dorpat keine Rede mehr sein kann. Der livländische Kriegsherr wird und will seinen Unmut nun an Ringens Verteidigern auslassen. Obwohl sich nur 400 russische Soldaten in der Festung befinden, wehren diese sich hartnäckig und verteidigen sich fünf Wochen lang gegen die überlegenen livländischen Truppen, wobei sie zwei große Angriffe zurückweisen.

 

Bild links: Panzerreiter


Ein eilig in den Ländern Pskow und Nowgorod gesammeltes Korps, unter dem Woiwoden Michail Repnin, versucht, zu den Belagerten durchzubrechen, wird jedoch von Ketlers Truppen geschlagen und von der Burg abgedrängt. Das Entsatz-Korps führt weder Artillerie noch Schützen-Infanterie mit sich, und mit Kavallerie allein kann man die Deutschen nicht schlagen.

 

Die Soldaten von Kettler errichten ein befestigtes Lager mit einem Turm und einer Palisade. Arkebusiere feuern hinter den Palisaden. Leichte russische Reiter fangen Ladungen von Karren und Wagen ab, die auf das Lager des Deutschen Ordens zusteuern. Aber den Zug mit den schweren Geschützen vermögen sie nicht abzufangen. Dennoch hält die Festung weiter durch. Am 22. Oktober 1558 stehen die Belagerungsmörser bereits unter den Wällen von Ringen. Aber es gelingt den Russen, den ersten Angriff abzuwehren, auch wenn sie dafür. einen sehr hohen Preis bezahlen. Kettler ordnet die sofortige Hinrichtung aller in Ringen gemachten Gefangenen an. Nach einem weiteren Feuerüberfall stürmen die Söldner wieder los. Sie brechen in den Innenhof der Burg ein und machen 6 Gefangene. Die meisten Verteidiger können sich jedoch in den Gebäuden der Burg verschanzen. Die Burg fällt unter dem Feuer der livländischen Kanonen auseinander. Erst nachdem schwere Artillerie auf die alte Burg geschossen hat und der Garnison das Schießpulver ausgeht, erobern die Deutschen die stark beschädigte Festung. Soldaten von Ketler, die in die Burg eingebrochen sind, töten in einer ungleichen Schlacht viele der verbliebenen Verteidiger der Festung. Der letzte Angriff beginnt am 29. Oktober. Die heftigen Kämpfe dauern mehrere Tage an, und dennoch gelingt es den Livländern kaum, den Widerstand der russischen Garnison zu brechen. Ein Teil der Verteidiger stirbt während der Verteidigung, einige (offenbar Ignatiew selbst auch) können gefangengenommen werden. Ihr Schicksal ist natürlich besiegelt. Einige richtet man sofort hin, andere werden in die Residenz des Großmeisters in Wenden geschickt.

 

Bild links: Set M027, Russische Bauern gehen als livländische Bauern durch

Kettler läßt die sechs Gefangenen aufknüpfen, obwohl sie ihn über die Mengen an Schießpulver in der Garnison informiert haben. Der Koadjutor befiehlt seinen Männern, sich auf einen entscheidenden Angriff vorzubereiten. Und am 29. Oktober 1558 erobern die Söldner alle Gebäude des Schlosses und brechen den Widerstand der Russen. Die Belagerung endet mit der Eroberung der Burg, kostet die Livländer jedoch einen sehr hohen Preis, und die Burg wird bald wieder von ihnen verlassen. Ketler dringt danach weiter in das Gebiet von Pskow ein, brennt die Vorstadt von Krassny nieder, erreicht Sebesch, äschert das Kloster des heiligen Nicolaus ein - und weiter kommt er nicht, denn mit seinen schwachen Kräften kann er keine der größeren Städte belagern. Sein großes Ziel war Dorpat, aber daran ist nicht mehr zu denken. So zieht er sich Ende Oktober nach Riga zurück.