Kriege in Osteuropa

1664 St. Gotthard/Mogersdorf

Schlachtbericht


Sonntag, 16. April 2017

Bild links: Fresko des Historienmalers Carl von Blaas an die Schlacht vom 1. August 1664

Beachte die noch sehr an den späten 30-jährigen Krieg erinnernden Reiter im Vordergrund, aber auch den schweren (gepanzerten) Kürassier weiter hinten.

 

Schlachtbericht

 

Wir orientieren uns an Hans Mikschs Dreiteiler DER KAMPF DER KAISER UND KALIFEN und insbesondere am Bd. 3, Bonn 1992, S. 306 ff. Wenn wir nur könnten, würden wir diese 3 Bände pausenlos loben, denn hier ist außerordentlich viel Material zusammengetragen; aber leider ist Miksch ein Faktenhuber, der darüber schonmal den Zusammenhang verliert. Auch kommt, vor allem im 3. Band, gelegentlich eine Einseitigkeit in der Darstellung hinzu, die auch den Gutmeinenden abschreckt. Dennoch, es finden sich viele Passagen, die die Lektüre lohnen:

 

Kurz vor der Schlacht ist die Masse der christlichen Artillerie noch immer nicht eingetroffen (Miksch nennt sie „Alliierte“, obwohl sie sich nur selten so benehmen). Noch viel schlimmer ist aber der Mangel an Schießpulver. Am 30. Juli wird daher im christlichen Lager ein Schießverbot erlassen. Ausnahme sind die Wachen am Ufer der Raab, die darauf achten sollen, ob die Osmanen über den Fluß setzen. Im Raabbogen, also dem Zentrum des zukünftigen Schlachtfeldes, haltenTruppen des Reichsheeres Wache, ein Hauptmann mit 200 Musketieren.

 

Bild links: Kürassiere

Unter Reichsheer oder die Reichsarmee versteht man die Aufgebote der deutschen Länder oder Kreise, die diese im Falle eines Angriffs von außen zu stellen haben. Ein Reichstag entscheidet über die Einberufung. Der Kaiser kann ein entsprechendes Ansinnen an den Reichstag stellen, hat aber keinen unmittelbaren Einfluß auf die Entscheidung. Beim Vorrücken in diesem Feldzug hatte der osmanische Oberbefehlshaber seine Tataren-Verbände losgeschickt, das Umland zu verwüsten, ohne zu ahnen, daß die wilden Reiter in die österreichischen Stammlande einfallen würden. Die gehören aber zum Reich (Österreichischer Reichskreis), womit der Verteidigungsfall gegeben ist. Wären die Tataren in Ungarn, also außerhalb des Reichsgebietes, geblieben, hätte ihr Treiben kaum jemanden im Reich interessiert.

Der Einsatz 1664 der Reichsarmee dürfte auch der erste seiner Art gewesen sein. Wer sich weiter informieren will, Wikidedia-Artikel rufen nicht immer Begeisterung hervor, dieser hier aber vorbehaltlos:
https://de.wikipedia.org/wiki/Reichsarmee

 

 

 

 

 

Bild links: Musketiere, alt – da an der Türkenfront Umwälzungen in der Uniformierung und Bewaffnung langsamer ins Rollen kommen, bleibt es dem Spieler freigestellt, die Figuren aus dem 30-jährigen Krieg zu verwenden.

 

Diese werden von osmanischen Geschützen unter Feuer genommen, was sie mit ihren – auf diese Entfernung wirkungslosen – Musketen erwidern. Im Morgengrauen des 1. Augusts setzen tatsächlich etwa 1000 türkische Janitscharen über und überrennen die 200 Reichssoldaten, die ohnehin kaum noch einen Schuß abgeben können. Die Osmanen errichten Schanzen, während Pioniere zwei Behelfsbrücken errichten. Nicht lange darauf stehen 8-10000 Janitscharen im Brückenkopf, die sogleich bewaffnete Aufklärung gegen den unweit davon gelegenen Ort Mogersdorf beginnen.

Im Lager des Reichsheeres, wo man das Geschieße gehört hat, herrscht mittlerweile die größte Aufregung. Fünf der sechs dort liegenden Infanterieregimenter werden sofort gegen den Feind in Marsch gesetzt, das sechste Regiment bleibt als Lagersicherung zurück. Die Reiterei des Reichsheeres bildet hinter der Infanterie das 2. Treffen. Von der rechten Flanke rückt Oberbefehlshaber Montecuccoli mit den paar Truppen heran, die er in aller Eile zusammenkratzen konnte: 1 Regiment Kürassiere und ein paar Kompanien Musketiere.

 

 

 

Bild links: Musketiere,  neu

 

Die türkischen Späher ziehen sich aus Mogersdorf zurück, denn sie haben ja nur Befehl, den Ort aufzuklären, zur Verteidigung desselben sind sie nicht stark genug. Die Reichstruppen aber wenden sich gegen den Brückenkopf, den sie – verständlicherweise – als die größere Gefahr ansehen. Die Janitscharen ziehen sich hinter die Verschanzung zurück, die Christen rücken weiter vor und geraten in den Feuerbereich der türkischen Artillerie am jenseitigen Ufer. Feindliches Artillerie- und Gewehrfeuer räumen furchtbar unter den Reichstruppen auf, so sehr, daß die Janitscharen ihren gefürchteten Gegenangriff mit dem Säbel beginnen, wie sie es nur dann tun, wenn der Feind mehr oder minder erledigt ist. Wie es ihre Art aus, schlagen sie jedem Gegner den Kopf ab.

 

Das Kürassierregiment versucht zwar, den Musketieren zu Hilfe zu kommen, wird aber von der osmanischen Reiterei in die Flucht geschlagen und zieht sich bis hinter Mogersdorf zurück. Die Türken besetzen das Dorf diesmal und richten sich auf Verteidigung ein. Und sie dringen ins Lager der Reichstruppen ein, das nur noch von einem Regiment verteidigt wird (allem Anschein nach bestehen die sechs Regimenter aus zusammen nur etwa 5000 Mann, also etwa 800 je Einheit; und man hat gewiß nicht das stärkste Regiment zur Sicherung zurückgelassen).

 

 

 

Bild links: Janitscharen

Die Osmanen wähnen sich schon als Sieger, da greifen die Truppen des Rheinischen Bundes oder Rheinbundes das Dorf an. Am Ostrand kommt es zwischen den Janitscharen und den Musketieren zum Häuserkampf. Der wird mit aller Härte geführt, und die Janitscharen legen lieber Feuer an das Haus, in dem sie sich verteidigen, als sich den Christen zu ergeben.

 

Der Rheinbund ist das 1658 geschlossene Bündnis der rheinischen und etlicher nord- und nordostdeutscher Fürstentümer, um den französischen König und den deutschen Kaiser, die sich spinnefeind sind, zum Ausgleich miteinander zu zwingen. Dahinter steckt der Mainzer Erzbischof, gleichzeitig Reichskanzler. Frankreich gehört diesem Bündnis an, Schweden ist durch die Mitgliedschaft des schwedisch besetzten Bremen-Verden vertreten. Da Frankreich sich vorher verpflichtet hat, seinen Bundesgenossen militärischen Beistand zu leisten, sieht es sich nun genötigt, einen Krieg des Kaisers mit eigenen Truppen zu unterstützen. Der Rheinbund entsendet für den Feldzug 6000 Mann.

 

Bild links: Türkische Artillerie

Montecuccoli läßt längst im nahegelegenen Örtchen Weichselbaum zum Sammeln blasen. Die kaiserliche Reiterei stürmt das Reichsheer- Lager und macht die dortigen türkischen Plünderer nieder. Die Reste der Reiterei vom ersten Angriff gegen den Brückenkopf treffen ein. Die kaiserliche Reiterei schiebt sich derweil zwischen Mogersdorf und den osmanischen Brückenkopf, die in Mogersdorf siegreiche Infanterie marschiert ebenfalls gegen den Brückenkopf, und nach Abhalten des Kriegsrates gehen gegen 16 Uhr die Musketiere in sichelförmiger Formation gegen die Türken vor, mit der Reiterei an beiden Enden.

Der Angriff setzt sich, wie folgt, zusammen:

 

Erstes Treffen: vier französische IR (Infanterieregimenter), das Fußvolk des Rheinbundes, die Reste des Fußvolks des Reichsheeres, fünf kaiserliche IR. Kavallerie an den Flügeln, und die übriggbliebene Reiterei bildet das 2. Treffen. Die bescheidene Artillerie – vier leichte Geschütze – ist aber dennoch wirkungsvoll genug, um vor allem unter den Reitern des Gegners beträchtlichen Schaden anzurichten.

 

Bidl links: Akindschi (nur Set 2); Sipahi sind zur Zeit nicht erhältlich, nur solche mit gepanzerten Pferden, und die haben in der 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts nur noch die Palastgarden

Während die Musketiere Salve um Salve gegen die türkischen Schanzen feuern, schickt der osmanische Befehlshaber 4000 Sipahi los, die bei Weichselbaum die Raab überqueren und dem Feind in den Rücken fallen sollen. Doch das zweite Treffen der Christen (unter dem berühmten General Johann von Sporck) fällt über sie her und wirft sie über den Fluß zurück. In ihrer Not stürmen die Sipahi-Reiter zum eigenen Lager, und die Osmanen im Brückenkopf müssen annehmen, daß selbiges von Feinden angegriffen wird.


Panik bricht bei ihnen aus, und sie streben in wilder Flucht über die Raab zurück, während ihnen das Salvenfeuer der christlichen Musketiere den Rest gibt. Gegen 17 Uhr hält sich kein einziger lebender Osmane mehr diesseits des Flusses auf.

Aufmerksamen Lesern wird aufgefallen sein, daß einige Zahlen, vor allem bei den Osmanen, von denen in unserem Kapitel „Schlachtaufstellung“ abweichen. Es ging uns aber in erster Linie hier darum den Miksch’schen Text möglichst unverfälscht wiederzugeben, der uns von allen vorgefundenen am interessantesten erschienen, uns aber leider erst kürzlich zugänglich gemacht worden ist.