Kriege in Osteuropa


Freitag. 13. Oktober 2017

Bild links: polnische Husaren (Orion)

Es wäre zum Heulen, wenn es nicht so lustig wäre (oder umgekehrt) …

 

Wie die Quellen sich widersprechen – so könnten wir beinahe jeden Schlachtbericht beginnen. Wir kamen ja schon auf die ungarischen Verbündeten der Türken zu sprechen (waren sie nun dabei oder nicht?), und sie werden doch in so vielen Quellen erwähnt, daß man sie nicht einfach unter den Tisch fallenlassen kann. Aber haben sie auch wirklich eingegriffen … Mal sehen, ob wir das vielleicht doch noch eine Antwort finden.

 

Wie üblich beklagen die polnischen Quellen, daß die Polen von allen im Stich gelassen worden sind und der hochnäsige österreichische Kaiser den polnischen König gar nicht so richtig für voll genommen hat; denn wenn es nach letzterem gegangen wäre, hätte man leicht ganz Ungarn von den Türken befreit. Und Schuld am Debakel des ersten Tages hat nicht der polnische König, sondern einer seiner Untergebenen, ein Dragoner-Oberst. Dumm nur, daß fast alle anderen Quellen den König als den Unglückswurm ausersehen – warum hat er nicht gewartet, bis die ganze Armee herangerückt ist. Und wenn man dann liest, daß des Königs Flucht ein Mißverständnis war, in Wahrheit ist er mit sieben Husaren einem bedrängten Freund zu Hilfe geritten …

 

Bild links: Die österreichische Infanterie

Wien befreit, doch wie geht es nun weiter?

 

Nachdem die verbündeten Kaiser, Polen und Reichsfürsten die Belagerung Wiens zersprengt und das riesige Heer der Türken in die Flucht geschlagen haben, sind die Sieger sich erst einmal uneins. Die Armee des Kara Mustafa hat zwar eine schwere Niederlage erlitten, ist aber noch längst nicht besiegt. Jan III. Sobieski, der polnische König und offizielle Feldherr des Unternehmens, will den Türken hinterher, um die Reste von deren Heer zu zerschlagen und so am Ende ganz Ungarn zu befreien. Dem deutschen Kaiser hingegen ist mehr daran gelegen, die Aufstände gegen sein Haus, die Habsburger, zu unterdrücken. Dank seiner Autorität kann er sich schließlich durchsetzen.

 

Die Osmanen haben sich an und hinter die Donau zurückgezogen, ein schwer zu überwindender Strom, der somit eine natürliche Grenze bildet. Während Kara Mehmed in Parkany (heute Sturowo an der slowakisch-ungarischen Grenze) Reste des Wiener Belagerungsheeres sammelt, stellt Kara Mustafe in Buda (die eine Hälfte des heutigen Budapest), das ein Stück weiter die Donau hinunter liegt, eine neue Armee zusammen.

 

 

 

Bild links: Kaiserliche Artillerie

Die Verbündeten ziehen also erst einmal nach Parkany, und da sie unterwegs kaum auf Widerstand treffen, zieht sich ihr Heerwurm ganz schön auseinander.

Polnische Reiterei (Dragoner und Kosaken) bildet die Vorhut, etwa 1200 Mann (die Polen geben nur 1000 an, das macht die Niederlage dann etwas weniger schlimm, aber die anderen machen so etwas ja schließlich auch). Die Vorhut wird vom Obersten des Dragonerregiments, Stefan Bidzinski angeführt (der nach polnischen Aussagen dann auch schuld an dem ganzen Schlamassel ist). Zwischen der Vorhut und dem polnischen Hauptheer (etwa 4000 Mann) liegt 1 polnische Meile, etwa 7 Kilometer. Bidzinski hat den Befehl, sich der Brücke bei Parkany zu nähern, um festzustellen, ob der Feind sie besetzt hält. Falls nicht, soll er dort auf das Eintreffen der Hauptmacht warten.

 

Bild links: Schwere kaiserliche Kürassiere

Erste Schlacht von Parkany

 

Den Polen liegen Berichte von Gefangenen vor, nach der sich in der Festung nicht mehr als 2000 Türken befinden sollen. Doch noch bevor die Verbündeten dort eintreffen, ist die Garnison bereits auf 5000 Mann verstärkt worden.Als Bidzinski eintrifft, entdeckt er, daß die Brücke nicht besetzt ist, und sich vor ihm nicht mehr als insgesamt 500 osmanische Reiter aufhalten. Die Polen wollen sich eine solche Gelegenheit nicht entgehen lassen und greifen sofort an. Doch während sie noch die sofort fliehenden 500 verfolgen, sehen sie sich unvermittelt vom Rest der Türken umringt. Große Teile der polnischen Vorhut werden zusammengehauen und bis zum polnischen Hauptheer verfolgt. Dieses ist überhaupt nicht auf einen Kampf vorbereitet und wird völlig überrascht. Die hier reitenden polnischen Husaren (Lanzen-Panzerreiter) haben ihre Lanzen nicht zur Hand, weil die in Wagen mitgeführt werden, ebenso marschieren die Fußleute und Dragoner mit ungeladenen Waffen. König Jan III. versucht, mit den Husaren ein Zentrum zu bilden, doch währenddessen manövrieren die Türken den linken polnischen Flügel aus, die dortigen Truppen geraten in Panik und fliehen. Die Türken stoßen sofort ins polnische Zentrum vor, wo die Husaren sich noch nicht endgültig formiert haben. Die Husaren werden niedergeritten, und nun setzt sich auf der polnischen Seite alles, was noch laufen kann, nach hinten ab. Der polnische König flieht ebenfalls und kommt dabei beinahe ums Leben, als zwei osmanische Reiter (Sipahis) ihn entdecken und niederstechen wollen. Die Verfolgung durch die Osmanen endet erst vor den Gewehren der Österreicher (die noch ein paar Kilometer weiter zurück heranmarschieren). Die Kaiserlichen erwarten, die Türken in Schlachtordnung, und diese brechen die Verfolgung sofort ab und ziehen sich zurück.

 

Bild links: Diese hier lassen sich als Kosaken einsetzen

Zweite Schlacht von Parkany

 

Zwei Tage später treffen die beiden Armeen noch einmal aufeinander, diesmal in voller Stärke. Kara Mehmed hat inzwischen von Kara Mustafa weitere Verstärkungen, hauptsächlich Berittene, erhalten und verfügt nun über zwischen 36 000 und 50 000 Mann (je nach Quelle).

 

Den linken Flügel der Osmanen bilden die Janitscharen und die leichten Schützen, die Tüfekschi, stellen zusammen aber gerade einmal 5 % des Heeres. Kara Mehmed leitet den rechten Flügel (3000 Mann), der, wie das Zentrum, aus Kavallerie besteht. (Laut der italienischen Karte steht das Zentrum unter dem Befehl von Kara Mustafa, der nach unseren Informationen aber noch in Buda weilt). Der türkische rechte Flügel solle den linken der Verbündeten durchstoßen, ihnen in die Seite fallen und so den Gegner in die Donau treiben.

 

Die Verbündeten stellen ihrerseits polnische Reiterei auf den linken Flügel, der unter dem Befehl von König Jan III. Sobieski steht. Dieser erkennt die Gefahr des türkischen Schlachtplans und zieht zusätzlich die Reste der polnischen Infanterie hier zusammen (auf der italienischen Karte nicht abgebildet). Der linke Flügel umfaßt 7000 Mann. Das Zentrum bildet 7600 Mann Infanterie der kaiserlichen Armee unter Ernst Rüdiger von Starhemberg. Rechts von ihm die restliche polnische Kavallerie unter Jablonowski und ganz rechts der Markgraf Ludwig von Baden (der „Türken-Louis“) mit den restlichen Verbänden der Kaiserlichen an Fußvolk und Reiterei. Hinter dem König steht am linken Flügel noch einige Kavallerie, die die Polen gegen Flankenangriffe der Ungarn (Aha!) und der Tataren schützen soll, unter Dünewald. Der linke Flügel der Verbündeten soll den türkischen Angriff abfangen und blockieren. Sobald das gelungen ist, stürmt der rechte Flügel gegen den linken türkischen, um den Feind vom Ort Parkany und der Brücke abzuschneiden.

 

Osmanische Sipahi

Osmanische Janitscharen

Osmanische Akindschi

Die Türken beginnen mit einem Angriff auf die Kaiserlichen im Zentrum, werden aber vom heftigen Gewehrfeuer abgewiesen. Dann beginnt der Angriff gegen den polnischen König, dem sich das türkische Zentrum anschließt. Jablonowski greift nun Parkany an, und die Osmanen ziehen immer mehr Truppen von anderen Stellen ab, um den Durchbruch beim polnischen König zu vollbringen. Dadurch fällt es Jablonowski umso leichter, den Gegnern den Weg zum Ort und damit zur Brücke zu versperren.

 

Als auch die Kaiserlichen im Zentrum vorgehen, bricht bei den Osmanen Panik aus. Sie fliehen zur Brücke, die fortan unter ständigem Beschuß der Geschütze der Verbündeten (in polnischen Quellen sind nur polnische Kanonen beteiligt) steht. Unter selbigem und aufgrund des Umstands, daß viel zu viele Menschen die Brücke belasten, kracht die Holzkonstruktion schließlich zusammen, und die Türken verlieren tausende Soldaten, die nicht schwimmen können. Mehmed zieht mit lediglich 800 Soldaten ab - die wenigen, die vor Einsturz der Brücke das andere Ufer erreicht haben.

 

Nachspiel

 

Kara Mehmed eilt nach Buda, um sich mit Kara Mustafa zu beraten – immerhin ist die ganze Armee vernichtet, aber Mustafa ist bereits auf dem Weg nach Belgrad, um dort dem osmanischen Staatsoberhaupt, dem Sultan, Bericht zu erstatten. Dieser reist jedoch ab, bevor er dem Großwesir (für uns Heutige: türkischer Kanzler oder Premierminister) begegnen kann. Einige Wochen später trifft in Belgrad der Befehl ein, den Verlierer von Wien und Oberungarn seines Amtes zu erheben. Die anwesenden Janitscharen erdrosseln den Glücklosen mit einer Seidenschnur.