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Samstag, 19. Dezember 2015
Rumänische Fürstentümer, Teil III

Wir blicken in diesem Teil auf das Fürstentum Siebenbürgen, das deutlich später als die beiden anderen von Ungarn losgekommen (und fast gleich unter osmanische Oberhoheit gelangt) ist. Und wir schauen auf das 17. Jahrhundert, in dem das Gewehr auch bei den anderen rumänischen Fürstentümern die Waffe schlechthin geworden ist. Das Szenario ist im wesentlichen gleich geblieben, die mittleren Fürstentümern müssen sich irgendwie zwischen  den Großmächten Habsburg, Polen-Litauen und dem Osmanischen Reich behaupten. Rußland stößt erst gegen Ende des Jahrhunderts auch noch in diesen Raum vor. Wir bedienen uns in diesem dritten und abschließenden Teil gern wieder des Regel- und Armeelistenwerks von „By Fire & Sword – The Deluge“ als Quelle und lassen uns in mehreren Gedankengängen von ihm beeinflussen.

 

Bild oben: Fußvolk in Deckung gegen Reiterei

 

Die siebenbürgische Armee im 17. Jahrhundert

besteht hauptsächlich (zu 2 Dritteln) aus Reiterei, mit mittlerer Kavallerie mit Lanzen, leichter Reiterei mit Lanzen und leichter Reiterei mit Gewehren. Reiterei gilt als eher schwerfällige Waffengattung und wird deswegen, außer gegen die Türken, die man in Massen anreitet, nie in großen Blöcken aufgestellt. Kavallerie ist oftmals nicht sehr gut ausgerüstet und die Feuerwaffen lassen zu wünschen übrig. Deswegen sollen sie nie ohne Fußvolk auftreten. Zur Not tun es auch Dragoner.

In Siebenbürgen hat sich nie eine nennenswerte Adelsreiterei mit Gefolgschaft entwickelt, und dieses System kommt 1658 ganz zum Erliegen, als der damalige Herzog erlaubt, daß ein Adliger anstelle seiner Person einen Ersatzmann schickt. Die Hauptwaffe des Adels bleibt die Lanze, die anderen leichten Reiter müssen oft mit dem Vorlieb nehmen, was ihnen bleibt. Da wenig exerziert wird, können die siebenbürgischen Reiter kaum im Verband kämpfen, vielleicht auch ein Grund für die vorherrschende Stellung der leichten Kavallerie, die ja individuell kämpft.

Die Infanterie ahmt zur Mitte des Jahrhunderts deutsche Musketiere nach (äußerlich), kennt aber keine Pikeniere, und ist in Fahnen (100 Mann) organisiert. Dieser Mangel an Stangenwaffen hindert sie daran, den Türken in Großverbänden gegenüberzutreten. Zur Abwehr gegnerischer Reiter (eine der Hauptaufgaben der Pikeniere) müssen sie ständig von eigener Kavallerie flankiert sein. So setzt man das Fußvolk hauptsächlich defensiv ein, und das am ehesten in gut zu verteidigendem Terrain. Wenn ihnen Türken, Walachen, Moldauer oder Ungarn (Habsburger) gegenüberstehen, stellen sie sich in drei Treffen auf, von denen die ersten beiden nur die Aufgabe haben, den Feind zu irritieren und sich auf Geplänkel mit ihm einzulassen. Die Hauptmacht steht im 3. Treffen und wird im günstigsten Moment gezielt und geballt eingesetzt. Und dahinter noch steht ja der Kavallerie-Dandar, der den Hauptangriff, den Gegenangriff führt oder sonstwie auf eine kritische Situation reagiert.

 

Bild links: Verschiedene Schützen aus diversen MARS-Sätzen.

Die Infanterie ahmt zur Mitte des Jahrhunderts deutsche Musketiere nach (äußerlich), kennt aber keine Pikeniere, und ist in Fahnen (100 Mann) organisiert. Dieser Mangel an Stangenwaffen hindert sie daran, den Türken in Großverbänden gegenüberzutreten. Zur Abwehr gegnerischer Reiter (eine der Hauptaufgaben der Pikeniere) müssen sie ständig von eigener Kavallerie flankiert sein. So setzt man das Fußvolk hauptsächlich defensiv ein, und das am ehesten in gut zu verteidigendem Terrain. Wenn ihnen Türken, Walachen, Moldauer oder Ungarn (Habsburger) gegenüberstehen, stellen sie sich in drei Treffen auf, von denen die ersten beiden nur die Aufgabe haben, den Feind zu irritieren und sich auf Geplänkel mit ihm einzulassen. Die Hauptmacht steht im 3. Treffen und wird im günstigsten Moment gezielt und geballt eingesetzt. Und dahinter noch steht ja der Kavallerie-Dandar, der den Hauptangriff, den Gegenangriff führt oder sonstwie auf eine kritische Situation reagiert.

 

Bild links: MARS bietet eine breites Angebot an süddosteuropäischem Fußvolk: Haiduken, Osteuropäische Söldner in Winterbekleidung, Walachen.

 

 

Auch die Regimenter, Sereg genannt, sind nicht besonders groß und umfassen lediglich 500 Mann. Werden diese Sereg zu größeren Verbänden zusammengeschlossen, müssen sie eigenständige Aufgaben übernehmen – von 2-4 „Regimentern“ für einen Überfall auf den Nachbarn, wenn es bis zu 8 „Regimenter“ sind, übernehmen diese eigene Aufgaben auf dem Schlachtfeld oder gleich ganz kleinere Schlachten. Die größte Einheit ist der Dandar, läßt sich am ehesten mit einem Korps vergleichen und besteht nur aus Reiterei.

 

Bild links: Oder folgende: Kaiserliche leichte Infanterie, frühe polnische Infanterie, polnische Paholki

 

Taktik

Es galt als feste Regel, auf dem Schlachtfeld keine zwei Einheiten Miliz (auch als „Landsturm“ oder „Heerbann“ bezeichnet) nebeneinander aufzustellen, nur mit einer Einheit Söldner oder regulärer Truppen zwischen sich. Gleichermaßen muß ein Sereg Infanterie immer zwischen zwei Kavallerie-Regimentern stehen. Kavallerie bleibt an den Flanken und hinter dem Zentrum, die Infanterie wird immer noch vorn aufgestellt. Die Geschütze finden sich in der Mitte und an den Flügeln. Eine siebenbürgische Armee kann 15 000 leichte Reiter aus eigenen Beständen und mit (einer erheblichen Anzahl von ausländischen Söldnern) 4-7000 mittleren, schweren und Panzerreitern aufbieten, dazu bis zu 40 Kanonen (20 mittlere und schwere, 20 leichte), je nach Spendierfreude der großen Verbündeten.

 

Bild oben: Rumänische Schützen kennen nur das Gliederfeuer, das Pelotonfeuer ist bei ihnen nicht üblich.

WAFFENGATTUNGEN

Kavallerie

Fürsten-Gefolge

Dem regierenden Fürsten steht eine Gefolgschaft von bis zu 2000 Lanzenreitern zur Verfügung, die er nicht alle selbst ausgesucht hat, sondern die ihm auch von anderen Fürsten geschickt wird. Diese Anzahl wird aber nur Mitte des 16. Jahrhunderts erreicht, ein dreiviertel Jahrhundert später sind es nur noch 600 Reiter. Die werden gelegentlich auch durch berittene Haiduken ergänzt. Mitte des 17. Jahrhunderts löst sich dieser Eliteverband auf. Ein Drittel der Truppe dient als Leibwache des Herzogs. Diese Reiter sehen aus wie Husaren (ohne Flügel), bzw. Pancerni, tragen aber bis 1620 eine Brustplatte über dem Kettenhemd. Danach trägt man das Kettenhemd unter der Oberbekleidung, und selbiges lugt nur an Ärmeln und unter dem Gürtel hervor – nach der osmanischen Mode. Der Angriff erfolgt mit der Lanze, und nach dem Durchbruch, der gar nicht so selten vorkommt, kämpft der Reiter mit Schwert, Keule oder Axt weiter.

 

Ab Mitte des 17. Jahrhunderts tauchen leichte Husaren ohne jede Panzerung, ohne Lanzen und nur mit einem Pallasch oder Schwert bewaffnet auf (sie ähneln in ihrem Aussehen am ehesten den zeitgenössischen Kosaken). Sie nehmen nicht direkt an Angriffen teil, sondern dienen der Aufklärung oder dem Flankenschutz.

 

Bild oben: Leichte Reiterei im Kosaken-Stil (Figuren von ORION)

 

Reguläre Reiterei

Solche Reiterei ist eine Zwischenform von stehendem Heer zu Heeres-Aufgebot. Das heißt, die Männer werden für die Dauer eines Feldzuges angeworben, ausgebildet und danach wieder entlassen. Sie rekrutieren sich zu einem großen Teil aus Serben und anderen Ausländern. Diese reguläre Reiterei wird zu Tausenden angeworben, ähnelt äußerlich den Kosaken und Husaren (Stradioten) und wird in Kapitänsschaften (entsprechend einer Kompanie) unterteilt, 500 Mann unterteilt in fünf Fahnen. Jede Fahne hat ziemlich genau 100 Mann und wird nochmals unterteilt in Zehnerschaften. Diese Art der Reiterei, die als mittlere Kavallerie zählt, ist wie das Fürsten-Gefolge mit Lanzen bewaffnet und kämpft auch so. Sie können einige Erfolge verbuchen, sind solchen Elite-Verbänden wie den polnischen Flügel-Husaren aber hoffnungslos unterlegen.

 

Die meisten Kapitänschaften führen auch eine oder mehrere Fahnen Haiduken mit sich. Diese berittene Infanterie kann vom Pferd aus schießen, aber auch absteigen und zu Fuß kämpfen und gewährt den Lanzenreitern so mobilen Feuerschutz. Die berittenen Haiduken werden auch zur Aufklärung, zur Plünderung und zu Hinterhalten eingesetzt.

 

Szekler

Wer oder was sind die Szekler? Die einen halten diese Menschen, die im Spätmittelalter nach Ungarn und in den Karpathenraum eingewandert sind, für die Nachfahren der Kumanen (oder noch älterer Reitervölker), die anderen sehen in ihnen, auch aufgrund der Sprachforschung, Ungarn. Wie dem auch sei, sie haben sich im Grenzraum niedergelassen und genießen seitdem gewisse Sonderrechte. Jeder Szekler, der Soldat wird, muß im Gegenzug keine Steuern bezahlen, und daher trifft man, nicht verwunderlich, in den Kriegen der Region immer viele Szekler an. In früheren Zeiten dienen sie fast ausschließlich als leichte Reiterei, im 17. Jahrhundert findet man sie aber in mehreren Waffengattungen. Man rechnet, daß 14 000 Szekler genug besitzen, um sich eigene Waffen leisten zu können und sich somit als Söldner zu melden. Drei Gruppen sind unter ihnen auszumachen, die schwere Reiterei (wie das siebenbürgische Fürsten-Gefolge), die mittlere und leichte Reiterei (wie die siebenbürgische reguläre Reiterei) und das Fußvolk, das theoretisch durchgehend mit Schußwaffen ausgerüstet sein soll; unter ihnen finden sich aber etliche, die sich nur einen Speer leisten können. Auch scheint die mittlere und leichte Reiterei keine Lanzen gehabt zu haben.

 

Bild links: Leichte Reiterei im Stil leichter Husaren (Figuren von RED BOX)

 

Infanterie

Fürsten-Gefolge

Die herzogliche Infanterie wird Mitte des 16. Jahrhunderts gegründet und ist 500 Mann stark (man nennt sie auch die „blauen Fußsoldaten“). Zweimal beinahe aufgerieben werden sie nach 1660 nicht mehr neu aufgestellt. Dabei haben sie zwischenzeitlich bis zu 2000 Mann umfaßt. Sie tragen, wie der Name schon vermuten läßt, blaue Mäntel und blaue Hosen, dazu Säbel oder Axt und Gewehr. Die Schützen marschieren zum Feuern in Linie auf.

 

Stadt-Miliz

Alle Städte unterhalten auf eigene Kosten eine Stadt-Miliz, die sie im Krieg dem Fürsten schicken. Die größte Stadt, Koloszvar, schickt 200 Mann, die meisten anderen, eher Mittelstädte, nur 50. Am Versammlungsplatz werden sie nach Bedarf zu größeren Einheiten zusammengefaßt und jeweils einheitlich gekleidet (rot, grün, blau und weiß). Sie sehen aus wie Haiduken oder, um die Mitte des 17. Jahrhunderts, wie deutsche Musketiere des späten 30-jährigen Krieges (als diese Art der Uniformierung in vielen Teilen Mittel- und Osteuropas und sogar in Rußland Mode war). Die Stadt-Miliz kennt nur Schützen.

Sachsen

Im Mittelalter wandern deutsche Siedler in Süodost-Europa ein und lassen sich dort nieder. Sie kommen aus dem Rheinland und Süddeutschland, und der Sammelname Sachsen rührt daher, daß man mit „Sachsen“ allgemein die „Deutschen“ meint (die Franzosen heißen uns ja heute noch „Alemannen“). Berühmt sind die „Siebenbürger Sachsen“. Wie die Szekler genießen die „Sachsen“ im Lande gewisse Sonderrechte. Im 16. Jahrhundert können sie dem Fürsten mehrere 1000 Kämpfer stellen, aber im 17. Jahrhundert nimmt diese Zahl deutlich ab, von 1000 (1620) auf 500. Die Sachsen sind gekleidet wie ihre rumänischen Landsleute, tragen aber traditionell Schwarz, bis im 17. Jahrhundert andere Farben – siehe oben - aufkommen (grün, rot und blau). Die Sachsen sind ausnahmslos Schützen, einige besitzen sogar die schwere Muskete. Sie sind in Fahnen aufgeteilt und werden im Kriegsfall mit anderen Einheiten (Szekler, sogar Fürsten-Gefolge) zu größeren Verbänden zusammengestellt. In der 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts läßt die Qualität der sächsischen Truppen spürbar nach, bis sie nur noch für den Grenzdienst taugen.

 

Bild links: Leichte Reiterei gegen leichte Reiterei.

Artillerie

Die Artillerie in Transylvanien ist zunächst einmal ein Import. Nachdem habsburgische Truppen in das Land eingefallen sind, stationieren sie in den dortigen Städten ihre Kanonen, und die dienen den einheimischen Büchsenmeistern als Vorlage. Bald hat jede Stadt, die auf sich hält, ihre eigene Kanonen-Gießerei, und man stellt vor allem mittlere Geschütze her, die auch bei Belagerungen zum Einsatz kommen. Dennoch bleibt die Gesamtheit der Artillerie mager. Leichte Kanonen werden zu wenige hergestellt, und eine Stadt wie Timisoara verfügt nur über 5 Kanonen zu ihrer Verteidigung. Wenn die ausländischen Mächte nicht ihre Geschütze ausgeborgt oder ihren Favoriten geschenkt hätten … Doch zur Mitte des 17. Jahrhunderts haben alle wesentlichen Städte einige Dutzend Geschütze. Bis die Türken im späteren Verlauf des 17. Jahrhunderts Siebenbürgen alles abnehmen, was nach Festung oder Kanone aussieht.

 

Moldauische/walachische Armee im 17. Jahrhundert

Wir treffen bei der Reiterei immer noch die Kurtani (vgl. Curteni, die Hoftruppen), die berittenen Bogenschützen, an. Moldauische und walachische leichte Reiterei, der niedere Adel (s.o.), kämpfen - allerdings nur noch mit Schwert und Bogen, aber nicht mehr mit Lanzen - in vielen Armeen der Region.

 

Ähnlich verhält es sich mit den Seimeni, die ursprünglich von den Türken ins Leben gerufen worden sind, um die Reihen ihrer Janitscharen zu verstärken (ohne aber unbedingt und immer wie diese ausgebildet und ausgerüstet zu sein). Am Ende des 16. Jahrhunderts steht die bittere Erkenntnis, daß türkische Infanterie kaum den disziplinieren großen Infanterie-Verbänden des österreichischen Kaisers gewachsen ist. In der Folge davon werden die Seimeni-Verbände vergrößert. Im 17. Jahrhundert tauchen sie auch in der Walachei auf, und der dortige Fürst, der Hospodar, weiß sie gleich zu nutzen, um damit seine rebellischen Bojaren im Zaum zu halten. Die Seimeni sind Schützen, stammen aus Albanien, Bosnien und Serbien und sehen so aus wie alle Schützen in der Region.

 

Haiduken sind ursprünglich Schäfer, die sich aufgrund der ständigen innen- wie außenpolitischen Konflikte in und um Ungarn lieber bewaffnen. Ende des 16. Jahrhunderts gibt es 10 000 von ihnen, und sie sind stark genug, sogar die Truppen des Kaisers zurückzuschlagen. Dann lassen sich sich in den Fürstentümern nieder, gegen die üblichen Sonderrechte, versteht sich. Anfänglich dienen sie als Berittene, werden aber bald zum Synonym für Infanterie. Eine Feder am Hut ist bei ihnen sehr beliebt, und sie werden bei längeren Feldzügen zu Sereg (500 Mann) zusammengefaßt.

 


Montag, 14. Dezember 2015
Rumänische Fürstentümer, Teil II

In der Fortsetzung geht es um die Strategie der Moldauer, Walachen und Siebenbürger und um ihre Waffengattungen und artverwandte Gebiete. Im III. Teil., der sich in Kürze anschließt, untersuchen wir das 17. Jahrhundert, in dem sich einiges geändert hat, und nehmen die Siebenbürger unter die Lupe, dem zu dieser Zeit militärisch aktivsten Fürstentum.

Bild oben: leichte Husaren brechen aus Versteck hervor ... (Figuren von RED BOX)

STRATEGIE

Strategisches Ziel von mittleren Mächten wie den rumänischen Fürstentümern kann nicht in erster Linie die Eroberung von Landstrichen oder Städten sein. Gerade wenn man es wie Moldau, Walachei und Siebenbürgen mit so übermächtigen Feinden zu tun hat, kann es nur darum gehen, einen eindringenden Nachbarn rasch und so empfindlich zu schlagen, daß ihm die Lust auf eine neue Invasion für die nächste Zeit vergeht. Davon abgesehen bietet eine so schmale Mannschaftsdecke wie bei den Donau-Fürstentümern nur sehr eingeschränkt die Möglichkeit, fremdes Territorium besetzt zu halten oder eroberte Städte mit einer Garnison zu belegen. Daher liegt das Heil in der Defensive und nicht in der Offensive. Dazu entwickelt man Abwehrmaßnahmen, die in mehreren Stufen zur Anwendung kommen.


Stufe 1: „Feindselige Grenze“. Furten, Brücken, Pässe und andere von außen bevorzugte Stellen zum Grenzübertritt sowie grenznahe Wegkreuzungen sind entweder unpassierbar zu machen, oder es soll der Feind dort lange genug aufgehalten werden, damit er sich einen anderen Weg sucht. Ebenso gehört der Schanz- und Festungsausbau grenznaher Ortschaften dazu.

Bild links: Artilleriestellung von vorn (Geschütz und Figuren sind osmanisch, von RED BOX)


Stufe 2: „Dauerbelästigung des Feindes“. Hauptsächlich eigene leichte Reiter überfallen in endloser Folge feindliche Verbände (gern auch aus einem Wald heraus), locken sie an Engstellen in die Falle, erbeuten feindliche Versorgungskolonnen, nehmen Gefangene, entführen feindliche Befehlshaber und zerstören Brücken und Wege. – Solche Stör-Trupps zerfallen in drei oder vier Abteilungen und stehen unter einem gemeinsamen Oberbefehlshaber. Jede Abteilung hat 24 Stunden Dienst, ehe sie von einer anderen abgelöst wird; die drei übrigen Abteilungen sitzen aber nicht alle müßig da, sondern übernehmen andere Aufgaben. Wie schon vorher erwähnt dienen alle Stör-Maßnahmen dem obersten Ziel, den Feind an einen Ort zu locken, wo man ihm die Entscheidungsschlacht aufzwingen kann … und bis dorthin muß er durch ein zerstörtes „Verbrannte Erde“-Gebiet. Die Stör-Aktionen können bis zu 40 Tage andauern, Hauptsache, man hat den Gegner dann mürbe gemacht. Ein hungriger, durstiger Feind in ständiger Angst vor Hinterhalten kann auch bei zahlenmäßiger Überlegenheit geschlagen werden.


3. Stufe: „Entscheidungsschlacht“. Die Entscheidungsschlacht ist der Höhepunkt der Abwehrmaßnahmen. Das Schlachtfeld erfordert umfangreiche Vorbereitungen – wenn der Feind in eine Schlucht gelockt werden soll, muß hinter ihm der Ausgang versperrt werden; Felsen und Baumstämme sind anzubringen, die von oben auf den Feind hinabgeworfen werden können; und dergleichen mehr. Der Feind muß unter allen Umständen in der Entscheidungsschlacht aufgerieben werden. Die Hauptarbeit leistet die Infanterie. Sie fängt die gegnerischen Angriffe auf, führt selbst Angriffe durch und kämpft von Anfang an. Leichte Reiterei unterstützt sie, wo sie kann, und die schwere Reiterei der Rumänen greift erst dann ein, wenn es in der Entscheidungsschlacht ums Ganze geht. Falls der Feind zahlenmäßig zu groß war, hat man ihn eben gruppenweise vernichtet (ähnliche Manöver wie bei der Varusschlacht 9 n. Chr. haben auch die Rumänen im Köcher gehabt). Oder man gebraucht eine List: In der Schlacht von Vaslui 1475 ahmt man die Trommel- und Trompeten-Signale der Türken nach, um deren Hauptmacht in eine falsche Richtung zu locken und sie dann, Stück für Stück, niederzumachen. Auf solche und ähnliche Weise haben die Moldauer und Walachen mehrere bedeutende Siege erringen können, dank derer sie sich über mehrere Jahrhunderte ihre Halb-Unabhängigkeit bewahren können.


Bild links: Artilleriestellung von hinten (Schanzen etc. von RED BOX)

4. Stufe: Verfolgung der gegnerischen Reste. Die Reste der geschlagenen Armee müssen verfolgt und womöglich endgültig vernichtet werden, damit sie sich nicht wieder sammeln und an einem befestigten Ort festsetzen können, um dort auf Verstärkung zu warten. Die rumänischen Verfolger setzen sich in der Regel aus leichten Reitern zusammen – der natürlichen Waffe für Ritte über Stock und Stein. Einige Male müssen rumänische Verfolger auch die Grenze überschreiten, um des Gegners habhaft zu werden. Und Eile tut not, will man doch auch dem Feind die vorher gemachte Beute und die von ihm verschleppte Bevölkerung wieder abjagen. Die Verfolgung endet aber bald nach Überschreiten der Grenze. Wenn sich die Gelegenheit ergibt, werden die feindlichen Grenzbefestigungen erobert, aber nur selten besetzt, sondern lieber zerstört. Zu groß ist die Gefahr, daß der Gegner mit einer neuen Armee zurückkehrt, um die besetzten Festungen zurückzuerobern.

 

Strategische Offensive

Natürlich reichen nicht einmal die Kräfte aller drei Fürstentümer zusammen aus, einen Feind wie dem Osmanischen Reich oder Polen-Litauen auf dessen Gebiet anzugreifen. Wenn die Rumänen aber doch einmal einen Feldzug gegen einen Gegner führen, dann zumeist gegen einen politischen Konkurrenten. Einen anderen Fürsten, der sich selbst für viel fähiger hält, einen alten Rivalen, einen Verräter, der das Land an den Sultan oder den Kaiser verraten hat. Und vor dem Jahr 1526 (Schlacht bei Mohacz) zieht man gelegentlich auch ins Ungarland. Na ja, und dann sind da noch gelegentliche Raubzüge zu den Polen, bei denen der Sultan gern mal ein Auge zudrückt.


Bild links: Panzerreiter nach polnischer Art und leichte Reiterei (erstere von ZVESDA, zweitere von RED BOX)



WAFFENGATTUNGEN

 

KAVALLERIE

Curteni und Bojaren

Unter ersteren versteht man die Hoftruppen, die unmittelbar dem regierenden Fürsten unterstehen, unter zweiteren die großen Adligen des Landes. Die moldauische und die walachische Fürsten-Reiterei kann es mit allen ihren Nachbarn, einschließlich der türkischen schweren Reiterei, aufnehmen. Bewaffnet mit Lanze, Schild und Bogen tragen sie Körperschutz aus Leder oder Kettenpanzer; aber eine richtige schwere Reiterei oder gar Panzerreiter hat es bei ihnen nur schwach ausgebildet gegeben. Erst ab Mitte des 15. Jahrhunderts ahmen einige der reicheren walachischen und moldauischen Bojaren, als Boierie Mari, polnische Ritter und später auch die Husaren nach; viele Mitglieder der moldauischen Oberschicht haben Verbindungen nach Litauen und sind daher auch wie deren „Pancerni“ gerüstet. Ab 16. Jahrhundert treten die reichsten Bojaren in der Schlacht wie Panzerreiter auf und orientieren sich dabei weiterhin, auch äußerlich, an den ungarischen und polnischen Husaren. Schwere Reiterei wird übrigens in Siebenbürgen Catafractii genannt.

 

Vitelschi oder Vitelji

Bei diesen handelt es sich um die Gefolgsleute der Bojaren, und sie tragen alles eine Nummer kleiner oder leichter (welcher Fürst möchte sich schon gern von seinen Untertanen übertrumpfen lassen?). Anders als im Westen bildet das Gefolge keine eigenen Einheiten, sondern kämpft Seite und Seite mit ihrem Herrn.


Bild links: Panzerreiter nach polnischer Art und mittlere Reiterei (letztere von ORION)

INFANTERIE

Fußsoldaten kommen zunächst nur in den Reihen der „großen Armee“ vor. Die Bauern ziehen wie von der Feldarbeit in die Schlacht und sehen entsprechend uneinheitlich aus, von ihrer Bewaffnung gar nicht erst zu reden. Infanterie stellt sich in zwei bis drei dichten Treffen auf und nutzt dabei jeder Bodenunebenheit – Graben, Bach, Hügel – für ihre Verteidigungslinie; zusätzlich wurden Bäume gefällt und Schanzen bzw. Hindernisse errichtet. Die Reiterei stand an den Flanken. Falls sich doch einmal eine Schlacht in offenem Gelände ergeben sollte, reitet die leichte Reiterei vor das Fußvolk und bildet einen Abwehrgürtel.

 

Schützen

Viele haben in der Zeit vor den Gewehren ihren Bogen dabei, und diese Bogner setzt der Feldherr bald massiert ein, als die Plaiesi. Gedeckt durch das oft unebene rumänische Terrain bilden sie dann einen unüberwindlichen Riegel. In der 2. Hälfte des 15. Jahrhunderts treten die Bogenschützen auch beritten auf, die zum Kampf und Beschuß aber vom Pferd steigen. Dank ihrer Mobilität sind sie dabei in der Lage, den Einfällen der Tataren (von der Krim) paroli zu bieten. Bei den Walachen kennt man auch die Rustici, bewaffnet mit einer zweihändrigen Axt, und die Razboinici, die Speerwerfer. Alle Kavalleristen sind von Zeit zu Zeit abgestiegen und haben die Reihen der Infanterie verstärkt.


Ab dem 16. Jahrhundert machen sich zunehmend Gewehre breit, und spätestens seit dem 17. Jahrhundert ist die rumänische Infanterie vor allem als Schützen-Korps anzusehen.

Calarisi

sind die Fortentwicklung der berittenen Bogenschützen (s. Infanterie). Unter Stefan dem Großen (im wesentlichen 2. Hälfte des 15. Jahrhunderts) entsteht diese Truppe als Bestandteil der „kleinen Armee“. Da die Calarisi zum Schlachtfeld reiten, dort aber absteigen, werden sie in manchen Quellen der Kavallerie, in anderen der Infanterie zugerechnet. Sie unterstehen dem Herrscher direkt und bleiben als Truppe zumindest in der Walachei bis ca. 1600 erhalten (aber da ist ja längst alles auf Musketen umgerüstet).


Wenn sie Sichtkontakt mit dem Feind haben, ziehen die Calarisi sich in den nächstgelegenen Wald zurück und tarnen sich dort mit Blättern und Ästen. Betritt der Feind den Wald, läßt man ihn nahe genug herankommen und überschüttet ihn dann mit Pfeilen. Anderen Quellen zufolge ist diese Taktik auch schon den Vorläufern der Calarisi bekannt.

 

Bild oben: leichte Husaren lauern im Wald (genau zwei Schachteln stark, von RED BOX)

 

Artillerie

Vor Stefan dem Großen (2. Hälfte des 15. Jahrhunderts) existiert in den rumänischen Fürstentümern keine nennenswerte Artillerie. Die ersten Kanonen tauchen Ende des 14., beziehungsweise Anfang des 15. Jahrhunderts auf. Ihre Schußweite beträgt 100 Schritt (nicht Meter), und mehr als psychologische Wirkung dürfte ein solcher Beschuß kaum auf den Feind gehabt haben.  Aber bereits Mitte des 15. Jahrhunderts tauchen Belagerungsgeschütze mit einem Kaliber von 85 cm und einer Reichweite von 500 bis 1000 Metern auf.


Trotz aller Bemühungen von Stefan dem Großen, bleibt die Artillerie weiterhin eine kleine Waffengattung. Die Moldauer haben diesen Nachteil durch die ausgiebige Errichtung von Feldbefestigungen zu beheben versucht.  Aber selbst Stefan der Tapfere führt bei seinen Feldzügen Ende des 16., Anfang des 17. Jahrhunderts lediglich 20 Kanonen mit.

Söldner und ausländische Truppen

- Lanciari Ritter oder Panzerreiter vom Balkan und aus Polen, die wie Ritter in Mittel- und Westeuropa ausgerüstet sind; später sind wie die ungarischen und polnischen Husaren ausgestattet.

- Hansari sind leichte Kavallerie, genauer leichte Husaren (nicht zu verwechseln mit den polnischen schweren Husaren), im Westen als Stradioten bekannt.

- Tataren natürlich haben sich auch tatarische leichte Reiter als Söldner bei den Rumänen ein Zubrot verdient.

- Daneben tauchen zunächst in kleinen Kontingenten, ab dem 16. Jahrhundert aber verstärkt, die Lefegiilor als schwere Infanterie für die Kämpfe in den Abwehrstellungen auf. In der Regel handelt es sich bei ihnen um Söldner.

-  Dorobanti, schwere Armbrustschützen, später Büchsenschützen, dann ohne Panzerung.

Einheiten

Im Mittelalter kämpfen die Soldaten bei ihrem Herrn, wenn er 20 (zusätzlich zu Knechten und Dienern) Waffenträger mitbringt, ist seine Einheit 20 Mann stark, wenn er 200 mitbringt, stehen 200 unter seinem Befehl. Daneben tauchen aber im Spätmittelalter und in der frühen Neuzeit Fähnlein auf (Banderiul), zuerst mit Männern einer bestimmten Gegend bestückt, die dann immer mehr den Aufbau eines Heeres bestimmen. Stefan der Große teilt dann sein ganzes Heer in Fähnlein auf. 1473 gibt es 48 Fähnlein mit je einer Stärke von ungefähr 250 Mann. Zum Vergleich, in Siebenbürgen erreichen Fähnlein nicht selten 500 Mann, selbst 1000 Waffenträger sind bekannt.


Bild oben: leichte Husaren stürmen aus Hinterhalt (Figuren von RED BOX)

Regimenter setzen sich in der Regel aus vier Fähnlein zusammen und lösen selbständige Aufgaben, die sie auch vom Hauptheer fortführen können. Stefan der Große hat 12 Regimenter.

 

Befestigungen

Und wieder stoßen wir auf den Namen Stefans des Großen, der wohl die Rumänen erst in die Neuzeit geführt hat. Dank seiner Bemühungen können alle befestigten Städte – darunter Hotin, Orhei, Soroca, Weißenburg (Alba Julia), Chilia) insoweit miteinander verbunden werden, daß ein Abwehrsystem gegen Angriffe von außen errichtet werden kann (vermutlich Signalfeuer oder andere Zeichensysteme untereinander; sofortige Aussendung von Hilfstruppen im Fall eines Angriffs; taktischer Schwerpunkt darauf, den Feind so lange aufzuhalten, bis ein Entsatzheer heran ist). Zusätzlich werden im Osten die Kapathen-Pässe befestigt und bilden dort den ersten Verteidigungsring. Im Landesinnern erhalten Marktflecken wie Suceava, Neamt, Romania, Baia, Birlad, Dorohoi, Vaslui nebst einigen großen Landgütern und natürlich dem Fürstenhof Befestigungen und bilden den letzten Verteidigungsring. – In den Städten selbst entstehen Zitadellen, um der Bevölkerung Schutz zu bieten. Alle wichtigen Orte erhalten Artillerie (insoweit vorhanden), und als erster großer Erfolg mit diesem System kann der große türkische Feldzug von 1476 angesehen werden, der für die Invasoren von Anfang an mit heftigen und verlustreichen Kämpfen verbunden ist. Keine einzige Stadt muß sich ohne Gegenwehr ergeben. Heutige Historiker sind der Ansicht, daß die rumänischen Fürstentümer ohne diese Verteidigungssystem ihre Halb-Unabhängigkeit nicht lange hätten behalten können.

 

Versorgung

Bis zum 17. Jahrhundert kennt man in den Fürstentümern weder medizinische oder sonstige Versorgung. Jeder Soldat bringt seine eigenen Nahrungsmittel für 5 oder 6 Tage mit, in der Regel reicht das bis nach der Entscheidungsschlacht. Sollte es dann doch einmal länger dauern, muß der betroffene Landstrich für die Versorgung der eigenen Truppen aufkommen, oder man ernährt sich von dem, was man dem Gegner abgejagt hat.




Donnerstag, 10. Dezember 2015
Rumänische Fürstentümer, Teil I

Bild oben: Alles Fußvolk auf einen Blick

Geschichtliches

Entlang der Donau gründeten sich im Spätmittelalter auf dem Gebiet zwischen Karpaten und Schwarzem Meer drei Fürstentümer: Walachei, grob der Süden des heutigen Rumänien,wurde 1330 vom Königreich Ungarn unabhängig, infolge seiner direkten Nachbarschaft zum Osmanischen Reich aber nie wirklich frei, konnte sich jedoch den Vasallen-Status bewahren (Halb-Unabhängigkeit und Pflicht zur Heeresfolge). - Moldau, grob das östliche Gebiet des heutigen Rumäniens, wurde 1359 vom Königreich Ungarn unabhängig, mußte sich immer wieder gegen Ungarn und Polen behaupten und wurde 1512 Vasall des Osmanischen Reiches (Halb-Unabhängigkeit und Pflicht zur Heeresfolge). – Siebenbürgen (auch als Transylvanien bekannt) wurde nach der Niederlage Ungarns 1526 in der Schlacht bei Mohacs Vasallenstaat des Osmanischen Reiches, siehe oben. Alle diese drei Pufferstaaten dienten dem türkischen Sultan als Schutz gegen seine christlischen Feinde Österreich, Polen und (ab Ende des 17. Jahrhunderts) Rußland. – Erst 1859 vereinigten sich Moldau und Walachei zum modernen Rumänien. 1918 wurde Rumänien als Verbündetem der siegreichen Entente-Mächte aus der Masse der habsburgischen Doppel-Monarchie neben anderem Siebenbürgen zugesprochen.

 

 

Bild links: Leichte, Bauern der "Großen Armee"

Ausländische und andere Einflüsse

In der für uns interessanten Epoche stehen die rumänischen Fürstentümer also weitgehend unter türkischer Vor-Herrschaft. Sie müssen Tribute entrichten und bei Bedarf dem Sultan für seine Feldzüge Truppen stellen („Heerfolge“). Sonst aber genießen sie eine halbfreie Existenz und  dürfen u. a. selbständig Kriege führen (das calvinistische Siebenbürgen greift auf Seiten der Protestanten in den 30-jährigen Krieg ein, im Kleinen Nordischen Krieg verbündet sich der siebenbürgische Fürst mit den Schweden, um ein Stück vom Kuchen des bezwungenen Polens abzubekommen. Die Sache geht aber anders aus, der Sultan gerät wegen der Eigenmächtigkeiten seines Vasallen in diplomatische Schwierigkeiten und läßt den Siebenbürger seinen Zorn spüren.) – Neben den türkischen Einflüssen wirken sich aber auch die ungarischen aus – alle drei Fürstentümer gehörten einmal zu Ungarn -, und die Adelsschicht aller drei Länder ist stark von Ungarn geprägt. Und drittens nähern sich die drei Mittelstaaten auch untereinander an. Die Fürsten unterstützen einander gern mit ihren Truppen (wenn sie nicht gerade gegeneinander kämpfen), und so kann man nur bedingt von einer eigenen walachischen, moldauischen oder siebenbürgischen Armee sprechen. Auch ist die Quellenlage nicht gerade berauschend, deswegen müssen wir gelegentlich wieder von einem auf alle drei schließen.

 

 

Bild links: Schwere Infanterie

TAKTIK

Hier stehen zunächst die Walachen und Moldauer im Vordergrund, da die Siebenbürger ja noch um einiges länger als zu Ungarn gehörig gelten. Sie werden erst im II. Teil aufgeführt.

 

Die kleine und die große Armee

Den Kern der moldauischen Armee bildet die „Oastea Mica“ (die „kleine Armee“). Diese Truppe rekrutiert sich aus den Ländereien des regierenden Fürsten, den Städten und den freien Dörfern. Je nachdem kommen die anderen Fürsten („Bojaren“) mit ihrem Gefolge hinzu. Diese kleine Armee macht in der Regel bis zu 10 000 Mann aus, kann aber auch bis auf 15 000 ansteigen.


Wie nicht anders zu erwarten, kennt man daneben die „Oastea Mare“, die „große Armee“. Die wird in Zeiten höchster Not zusammengerufen, und der sollte sich – laut Gesetz – jeder waffenfähige Freie (also keine Frauen, Kinder unter 14 Jahren oder Leibeigene) anschließen. So konnten 40 000 Mann zusammenkommen (einschließlich der „kleinen Armee“). Angesichts der oft viel größeren osmanischen Heere blie den moldauischen und walachischen Fürsten oft nicht viel anderes übrig, als sich gegenseitig zu unterstützen und ausländische Söldner anzuwerben.


In Abwesenheit des Fürsten übernimmt der „Mare Spatar“ (der große Schwertträger, ein Titel) oder der „Mare Vornic“ (der direkt dem Fürsten unterstehende zivile Verwalter des Landes) den Oberbefehl.


Seit dem Ende des 15. und erst recht im 16. Jahrhundert höhlt sich das System der kleinen und der großen Armee allmählich aus, seit dem 17. Jahrhundert ist es so gut wie nicht mehr vorhanden. Besonders die Oastea Mare löst große Probleme aus. Wenn alle waffenfähigen Männer zu den Waffen greifen, kommen Landwirtschaft und Produktion weitgehend zum Erliegen. Außerdem sind „Teilzeit-Krieger“ den Berufssoldaten im Kampf immer unterlegen. Begünstigt durch das immer stärkere Vordringen von Artillerie und Gewehren reichen Heerbann und Gefolge bald nicht mehr aus, immer mehr Söldner finden sich in den walachischen und moldauischen Armeen, genannt Seimeni. Diese sind Gewehrschützen und stammen meist aus Serbien oder anderen Balkan-Regionen unter osmanischer Herrschaft. Der Woiwode läßt sich jetzt auch Hospodar (abgeleitet vom slawischen Gospodar) anreden, oder auf Rumänisch als Domn, beziehungsweise Domnitor.

 

 

Bild links: Abgestiegene Bogenschützen

Taktik
Moldau
und Walachei: Wenn die Moldauer oder Walachen auf eigenem Boden kämpfen, benutzen sie folgende Taktik: Der Feind wird von leichter Reiterei und berittener Infanterie behelligt. Letztere haben es vor allem auf Versorgungs-Kolonnen, Lager und Aufklärungs-Trupps der Eindringlinge abgesehen. Auch die Politik der „Verbrannten Erde“ – meist dergestalt, daß dem Feind nur noch eine bestimmte Route bleibt -, ist den Rumänen nicht fremd. Diese blitzartigen Überfälle führen die Moldauer so lange aus, bis die feindliche Armee ein Gebiet erreicht hat, das den Moldauern geeignet erscheint, die Eindringlinge zu einer Schlacht zu zwingen. Dort stellen sie ihre Infanterie und Artillerie dann in günstigem Terrain auf, wo dem Feind auch seine zahlenmäßige Überlegenheit wenig nutzt. Natürliche Verteidigungspositionen werden durch künstliche Befestigungen ergänzt, worin die Rumänen große Übung haben.

Dann baut sich die Reiterei hinter dem Fußvolk auf, oft durch diese vor den Blicken des Gegners verborgen. Hat die Schlacht begonnen, besteht die Haupt-Aufgabe von Infanterie und Artillerie darin, dem Feind standzuhalten und seine Angriffe zu abzuwehren. Sobald der Gegner ausreichend Verluste erlitten oder sich mit seinen Angriffen verausgabt hat, prischt die moldauische Kavallerie vor, um den Eindringlingen den Rest zu geben. Gelingt das nicht, ziehen die Reiter sich wieder zurück, und das Spiel beginnt von vorn. Ergreift der Feind aber die Flucht, verfolgen ihn die rumänischen Reiter erbarmungslos und bis an die Grenzen ihres Landes, wenn nötig auch noch darüber hinaus, Hauptsache, der Eindringling überlegt es sich gründlich, in nächster Zeit noch einmal wiederzukommen.

Einige Historiker behaupten, die Rumänen seien in Spätmittelalter und früher Neuzeit ein sehr friedliebendes Volk gewesen, weil sie nur die Defensive (s.o.) als Kampfform kannten. Aber die Fürstentümer haben sich ebenso untereinander bekriegt, und wenn es ihnen verlockend genug erschien, wurde auch ein Nachbar-Reich überfallen. Ein anschauliches Beispiel für eine nicht unbedingt defensive Kriegführung ist die Schlacht bei Schellenberg 1599 (auf dieser Seite bereits begonnen, wird demnächst fortgeführt). Dort greifen sich ebenfalls zuerst die Infanterie-Einheiten an, ehe die Reiterei eingreift, was sicher damit zu tun hat, daß eine schwere Kavallerie bei den Rumänen nur wenig entwickelt ist. Denn trotz all ihrer Vorzüge ist leichte Reiterei kaum als Angriffswaffe zu benutzen.

 

 

Bild links: Kavallerie, oben die berittenen Bogenschützen und leichte Reiterei, rechts die mittlere Reiterei (Fürst mit Gefolgsmann)


ABGEBILDETE FIGUREN

Die Firma LUCKY TOYS hat sehr schöne rumänische Figuren im Angebot (TL 0011), die das 15. und 16. Jahrhundert weitgehend abdecken. Bei den Abbildungen haben wir ein paar Stradioten von RED BOX hinzugefügt.

 

Weitere Literatur und Quellen

Wir haben uns verschiedener rumänischer Wikipedia-Seiten als Grundlage bedient (und uns selbige übersetzen lassen), andere Quellen, vor allem englische, sind uns leider als wenig tauglich erschienen. Einen Aufsatz möchten wir aber dringend empfehlen, der auch ins Englische übersetzt vorliegt: Der Autor, dessen Name leider nicht aufgeführt ist, untersucht sehr gründlich die rumänischen Truppen im 14. – 16. Jahrhundert.

 

http://www.armyacademy.ro/e-learning/working/capitol_2.html

 
--- Wird in Kürze fortgesetzt. ---