Spät-Renaissance, 1470 - 1560

Donnerstag, 16. Juni 2016

Bild links: (gemeinfreier) Holzschnitt 175 aus dem „Weißkunig“; mitten in der Schlacht, einige Pavesen sind schon niedergeschossen


Vorbemerkung

 

Landsknechte gegen „Hussiten“, das hat uns natürlich gleich interessiert und trotz aller Ungenauigkeiten in den Quellen weiterrecherchieren lassen. Die Zahlenangaben unterscheiden sich von Quelle zu Quelle, und wer nun genau anwesend war in Wenzenbach (oder der Schlacht von Schönberg am Vortag) ist ebenfalls nicht mehr zu ermitteln. Aber darauf waren wir gefaßt, denn es gibt eingangs des 16. Jahrhunderts noch keine Regimenter oder Geschwader, sondern nur Angaben über Anzahl der Fußsoldaten und der Reiter (wobei nur selten zwischen Rittern und leichter Reiterei oder Landsknechten und anderen unterschieden wird).

 

 

 

Vor- und Nachgeschichte

 

Im Landshuter Erbfolgekrieg (1504-5) bekriegen sich die beiden bayerischen Hauptlinien, Bayern-München (ja, heißt wirklich so) und Bayern-Landshut, um das Landshuter Erbe, weil Herzog Georg ohne männlichen Erben gestorben ist und der Ehemann seiner Tochter, der Pfalzgraf Friedrich II., nicht von allen als Erbe anerkannt wird. Am Ende siegen die Münchner Wittelsbacher. Wichtigste, wenn auch nicht alles entscheidende Schlacht ist die von Wenzenbach. Sie gilt als die letzte Ritterschlacht, uns ist sie aber deswegen ins Auge gestochen, weil hier Landsknechte gegen „hussitische“ Böhmen angetreten sind.

 

 

Bild oben: (gemeinfreier) Holzschnitt 100 auf dem „Weißkunig“, Maximilian nähert sich mit Landsknechten einer Stadt; beachte den berittenen Landsknecht hinter dem König, bei dem es sich um Georg von Frundsberg handeln dürfte; im Normalfall sitzen Landsknechte nicht auf.

 

Truppenstärken

 

Die Böhmen gehen mit 4500 Mann in Stellung, ihnen nicht zur Seite stehen ihre deutschen Verbündeten, die Pfälzer, mit denen sie sich erst noch vereinen wollen, und ihre etwa 300 Reiter, die die Sache aber verlorengeben und fliehen.

 

König Maximilian (er wird erst 1508 Kaiser) rückt mit 5200 Mann an. Davon sind 1600 Reiter und einige hundert Arkebusiere (die wie Plänkler eingesetzt werden). Hinzu kommt ein Haufen Landsknechte unter ihrem legendären Anführer Georg von Frundsberg mit ca. 3000 Mann, der aber erst mit einer Stunde Verspätung und der relativ starken Artillerie am Ort des Geschehens eintrifft.

 

 

Böhmische Söldner

 

Die Schlacht von Wenzenbach ist zu ihrer Zeit als „Böhmenschlacht“ in die Geschichte eingegangen. Dies wegen der böhmischen Söldner, die der Pfalzgraf angeworben hat und die sich gerade auf dem Weg zu ihm und seinen Verbündeten befinden; unterwegs werden sie dann aber von König Maximilian, einem Verbündeten des Bayern-München-Herzogs Albrecht, abgefangen.

 

Böhmische Söldner genießen in Ost- und Mitteleuropa einen ausgezeichneten Ruf und werden gern angeworben. Sie sind aus den „Hussiten“ hervorgegangen (Anhänger des Jan Hus), die anfangs des 15. Jahrhunderts in den Hussitenkriegen (1519-36) sämtliche wesentlichen Schlachten gewonnen und den sie bedrängenden Ritterheeren furchtbare Niederlagen beigebracht haben. Dabei bedienen sie sich einer besonderen Taktik: Sie errichten auf einer Hügelkuppe eine Wagenburg, die sie befestigen und mit leichten Kanonen bestücken. An Schußwaffen stehen ihnen Armbrust und Feuerrohr zur Verfügung; die sonstige Bewaffnung setzt sich aus Dreschflegeln, anderen Bauernwaffen, Hellebarden und ähnlichen Stangenwaffen zusammen. Ritter müssen nicht nur bergaufwärts angreifen, sie sind auch unmittelbarem Beschuß ausgesetzt. Hinzu kommt, daß Ritter Einzelkämpfer sind und nicht im Verband handeln. So können die Hussiten sie bequem einzeln erledigen. Hussiten haben ihrem Wesen nach keine Kavallerie, was sich später als Nachteil erweist. Aber nach solchen „unwesentlichen“ Details fragt Mitte des 15. Jahrhunderts keiner, die Hussiten haben auf der ganzen Linie gesiegt, und solche Gewinner-Typen will jeder für seine Sache kämpfen sehen; wie oben bereits erwähnt mieten sich viele Fürsten des 15. Jahrhunderts in Ost- und Mitteleuropa böhmische Söldner, und der damit Handel treibende böhmische Adel verdient sich eine goldene Nase. Die böhmischen Söldner verfeinern im Lauf der Zeit ihre Taktik – sie bauen vor der Wagenburg einen Ring aus Setzschilden (auch Pavese oder Tartsche genannt) auf – das sind Schilde, die man aufsetzen, also aufstellen kann, um dahinter zum Beispiel Armbrust oder Arkebuse nachzuladen – und ziehen sich erst, wenn es brenzlig wird, in ihre Wagenburg zurück. Hinzu bekommt eine bescheidene eigene Kavallerie, meist leichte Reiterei zur Störung des Gegners.

 

Fortschritte von Waffen und Taktik

 

Doch die rasche waffentechnische Weiterentwicklung im 15. und 16. Jahrhundert macht auch vor dieser Einrichtung nicht halt. Feldartillerie, also mittlere Geschütze, können viel weiter schießen als die Kleinkanonen der Böhmen, und sie richten unter den Wagen und noch mehr den Setzschilden großen Schaden an (sie hat einige Jahrzehnte zuvor ja auch schon die englischen Langbögen zusammengeschossen). Nicht zu vergessen die Piken der Landsknechte, die ausreichend lang sind, damit der Träger nicht von den Dreschflegeln und anderen Bauernwaffen der Böhmen erreicht werden kann. So richten die Landsknechte zunächst die böhmischen Söldner zugrunde und kaum 20 Jahre später die Schweizer Reisläufer. Außerdem führen die Landsknechte Musketen mit, die auch einer Gabel aufliegen und so etwas zielgenauer, in jedem Fall aber durchschlagekräftiger als die böhmischen Arkebusen sind.

 

 

Neuerscheinungen:

 

http://vk.com/club7879149

 

Die Sommer-Neuerscheinungen 2016 von RED BOX. Auf der Seite einfach etwas hinunter-scrollen, dann erscheinen die Bilder. Für uns interessant: die spanische und die italienische Infanterie, jeweils 1. Satz (Arkebusiere und Musketiere). Wir hoffen, daß der 2. Satz dann den Schwerpunkt auf Piken und Stangenwaffen legt. Weiterhin gibt es schottische schwere und leichte Reiterei aus der 2. Hälfte des 15. Jahrhunderts, nur etwas für Liebhaber.  Der dazugehörige Text listet sinngemäß das auf, was es dort zu sehen gibt.