Kriege des Hoch-Barock, 1650 - 1700


Freitag, 17. Mai 2019

Bild links und alle weiteren: Alle abgebildeten Uniformen sind statthaft, für beide Seiten

 

Die notorische Vorbemerkung

 

Wir meckern gern, wenn wir mit der historischen Quellenlage unzufrieden sind oder über das nur den Kopf schütteln können, was wir auf Wikipedia vorfinden. Aber im heutigen Fall sind wir sehr zufrieden, vor allem, weil der Bericht des ungenannt bleibenden Wikipedia-Autors auf einer ähnlichen Grundlage fußt, die wir auch für unseren Bericht vorgesehen hatten Wer selbst nachschauen möchte: Gaston Bodart (Hrsg.): Militär-historisches Kriegs-Lexikon. (1618–1905). Stern, Wien u. a. 1908, S. 119. Oder in unserem Fall: https://ia800305.us.archive.org/28/items/militairconvers06lhgoog/militairconvers06lhgoog.pdf S. 206. Und nun mitten hinein ins pralle Schlachtenleben:

 

Aufmarsch

 

Auf französischer Seite kommandiert Nicolas de Catinat. Nachdem dieser erhebliche Verstärkungen aus Frankreich erhalten hat, die ihn den Verbündeten (Kaiserliche und Savoyen) zahlenmäßig überlegen machen, marschiert er am 2. Oktober 1693 los, auf Turin zu.

 

Oberhalb der weiten Ebene lagern die Verbündeten, und in ihrem Kriegsrat stehen sich zwei Standpunkte gegenüber: Der Herzog von Savoyen als Oberbefehlshaber der vereinigten Streitkräfte will die Belagerung von Pinerolo fortsetzen. Nach seiner Vorstellung sollen die Franzosen in die Ebene von Turin vordringen, damit man sie dort zur Schlacht stellen kann. Prinz Eugen und auch die meisten übrigen kaiserlichen Generäle sind hingegen der Ansicht, man möge die Belagerung vorläufig aufheben, um den Gegner am Marsch in die Ebene zu hindern. Aber der Herzog als Oberbefehlshaber setzt sich schließlich durch. Erst als sich die Franzosen tatsächlich Turin nähern, stellt man die Belagerung von Pinerolo ein und erwartetet die Franzosen bei Marsaglia. (Erst 1696 kann der savoyardische Herzog Viktor Emanuel die Stadt zurückerobern.)

 

Die Verbündeten stellen ihre Armee in zwei Treffen auf. Den rechten Flügel befehligt der Herzog und General Capara. Im Zentrum, das zur Gänze aus Infanterie besteht (das gesamte Fußvolk der Armee), hat (Prinz) Eugen von Savoyen das Kommando. Den linken Flügel leitet Leganez. Da hier nur wenig Platz zur Verfügung steht, stellt man Teile des linken Flügels hinter dem Zentrum und sogar dem rechten Flügel bei dem Dorf Marsaglia (französisch „La Marsaille“) auf. Die Geschütze stehen, aufgeteilt in drei Batterien, vor der Front. Die vorderste Linie der Infanterie hat vor sich leichte Verschanzungen errichtet. Aber aus irgendeinem Grunde hat man es versäumt, eine Anhöhe, den Berg Piosasco zu besetzen. (Das alles ist recht übersichtlich auf der Karte unten zu erkennen.)

 


Schlacht

 

Der Herzog von Vendome, der dem rechten Flügel der Franzosen vorsteht, bemerkt den schweren taktischen Fehler sofort und befiehlt drei Brigaden, sich auf dem Hügel festzusetzen. Daraufhin drängt Prinz Eugen darauf, diese wichtige Anhöhe sofort zurückzuerobern. Die Musketiere der Verbündeten werden jedoch zurückgeschlagen.

 

Am Morgen des 4. Oktober haben sich die Franzosen ebenfalls in zwei Treffen aufgestellt. Auch bei ihnen nimmt die Kavallerie die Flügel ein, während im Zentrum das Fußvolk steht. Sie haben ebenfalls ihre Kanonen vor der Front aufgebaut.

 

Die Franzosen rücken vor und befinden nach einer halben Stunde Marsch in Sichtweite der Verbündeten. Wie gewohnt eröffnen die Angreifer (hier die Franzosen) die Kampfhandlungen mit Artilleriefeuer. Danach rücken die Fußsoldaten in Linie vor. Wegen der günstigen Stellung auf dem Berg Piosasco kann der rechte Flügel der Franzosen den Verbündeten in den Rücken fallen. Der Angriff erfolgt mit aufgepflanztem Bajonett. Die Kaiserlichen und Savoyarden halten aber stand und weisen den Gegner durch Musketenfeuer ab. Dagegen muß die Kavallerie der Verbündeten der gegnerischen Reiterei weichen. Sie wird auf die zweite Linie (zweites Treffen) zurückgeworfen; doch die kann dem Angriffsschwung (der Franzosen) auch nicht standhalten.

 

Im Zentrum können die Verbündeten die französischen Angriffe dreimal zurückwerfen. Der rechte Flügel der Alliierten vermag sich zu halten und zeitweise sogar die Gegner ein Stück weit zurückzudrängen. Nach der Flucht des linken Flügels (Reiterei) sieht sich Prinz Eugen von allen Seiten von den Franzosen bedrängt, seine Truppen müssen immer neue Angriffe mit dem Bajonett abwehren. Nachdem dann auch noch die eigene Kavallerie auf dem rechten Flügel fliehen muß, bleibt Prinz Eugen keine andere Wahl mehr, als sich mit seiner Infanterie ebenfalls zurückzuziehen.

 

Nachhall

 

Beide Seiten erleiden sehr hohe Verluste. Aus diesem Grund kommt es in in diesem Jahr auch zu keinen größeren Schlachten oder Belagerungen mehr. Wegen geheimer Verhandlungen des Herzogs von Savoyen mit Frankreich finden ab 1694 auf dem italienischen Kriegsschauplatz keine nennenswerten Kämpfhandlungen mehr statt. Auch als Folge der verlorenen Schlacht schert das Herzogtum Savoyen 1696 aus der Augsburger Allianz aus.

 


Und beim nächsten Mal

schauen wir, was man daraus „en miniature“ machen kann.