Kriege in Osteuropa

Mittwoch, 14. September 2016

Janitscharen beim Sturm auf die Wagenburg


Na klar,

 

eine Szene aus der Schlacht fällt sofort ins Auge: als nämlich die wandernde Wagenburg auseinanderreißt und die Türken und ihre Verbündeten dort hineinstoßen, woraufhin den Polen nichts anderes übrigbleibt, als unter großen Verlusten in ihr befestigtes Lager zu fliehen, aus dem sie vorher aufgebrochen sind.

 

Den Quellen nach gerät die Wagenburg an der linken Seite ins Stocken, dort wo die (nachgemachten) „Deutschen“ marschieren. Es handelt sich bei ihnen jedoch um Polen, die man lediglich in Jacke, Hut und Hose gesteckt hat, wie sie in Mitteleuropa getragen werden. Auch sind sie wie die Infanterie-Regimenter des Deutschen Kaiserreiches in Musketiere und Pikeniere aufgeteilt. Und da kratzt man sich zum ersten Mal am Hinterkopf: Was sollen Pikeniere in einer solchen Wagenburg? Die leichten osmanischen Reiter und die Tataren schießen mit dem Bogen, und zwar aus einer Entfernung, in der ihnen ein 4-5 Meter langer Spieß, der auch noch über die Wagenbreite gelegt wird, nichts mehr anhaben kann. Wir haben trotzdem 2 Einheiten Pikeniere hinzugegeben, und sei es nur, um während der Kämpfe im Innern der Wagenburg etwas anderes aufbieten zu können.

 

Bild links: Deutsche“ verteidigen ihre Seite der Wagenburg, während die Türken schon ins Innere
eindringen.


Aber sonst stimmt doch alles? Na ja, wir wissen kaum, welche Teile der türkischen Armee die polnischen Wagen angegriffen haben, wir können nur schlußfolgern: Die Tataren fallen aus, denn die warten zwischen Wagenburg und polnischem Lager, um die Fliehenden aufzuhalten. Die polnischen Husaren greifen ebenfalls nicht ein, weil sich das für sie offenbar nicht lohnt. Und die türkische mittlere Reiterei, die Sipahis? Wir wissen es nicht und haben deswegen einige wenige Einheiten hinzugefügt. Aber die leichte Reiterei, die sich hier aus Delis und Akindschis zusammensetzt, die ist dabeigewesen

 

Bild links: Die wenigen Pikeniere können den Reiteransturm nicht mehr aufhalten

Bleibt das Fußvolk. „Deutsche“ und Polnische Infanterie sind verbürgt. Von Moldauern und Walachen erfahren wir hingegen während der Kämpfe um die Wagenburg nichts. Auch bei den Janitscharen wissen wir es nicht so genau und können wiederum nur schlußfolgern: In früheren Zeiten haben Janitscharen zur Schutztruppe des Sultans oder seines Heerführers gehört und ihre Stellungen erst dann verlassen, wenn der Feind im Feuer ihrer Gewehre und der Geschütze liegengeblieben war (s. a. auf dieser das Video zur Schlacht bei Mohacs ca. 100 Jahre vorher). Aber wir schreiben das 17. Jahrhundert, und da wandeln sich die Janitscharen zunehmend zu einer Offensiv-Truppe, die schon vorher ins Geschehen eingreift. Außerdem haben wir es hier mit Provinz-Janitscharen zu tun, die zwar aus den Palast-Janitscharen hervorgegangen sind, aber dem Befehl des Statthalters oder Gouverneurs zu gehorchen haben, und der wird sie so eingesetzt haben, wie es sein militärischer Sachverstand für geboten gehalten hat. Die Provinz-Truppen hingegen sind ebenfalls verbürgt und zwar allein schon aus dem Grund, weil sie immer die Kastanien aus dem Feuer holen müssen.

 

Bild links: Unten eilen die „Haiduken“ ihren bedrängten Kameraden zu Hilfe, ihnen reiten aber (links) schon zwei Delis entgegen

Unsere nachgestellte Schlacht zeigt ein recht fortgeschrittenes Stadium der Kämpfe. Janitscharen hocken bereits auf einigen Wagen. Die leichte Reiterei dringt von zwei Seiten ins Innere ein, die Provinzler – oft mit Nahkampfwaffen ausgerüstet – machen sich daran, die Wagen zu besteigen.

 

Für die Polen geht es jetzt nur noch darum, sich möglichst kämpfend zum Wall und durch das Tor ins Lager zurückzuziehen … dorthin, wo die Kameraden warten.

 

Ein Blick lohnt sich in den Artikel Kleiner Nordischer Krieg, Taktik der Kosaken auf dieser Seite, wo man sich darüber informieren kann, wie eine solche rollende Wagenburg ausgesehen hat und wie die Kosaken die Wagen per Muskelkraft geschoben haben – die Polen haben es hier nicht anders gehandhabt.

 

Truppenaufstellung:

 

Polen:

 

Gemäß unserer 100er-Aufstellung pro Seite geben wir den Polen hier nur 80 Figuren, denn sie sind den Osmanen knapp 1:6 unterlegen (was eigentlich einem Verhältnis von 35:165 entsprechen würde, und dabei wären die Polen vollkommen chancenlos). Deswegen haben wir auf beiden Seiten die Reiterei in großen Teilen weggelassen.

 

40 „Deutsche“ in 10 Schützen-Einheiten (inklusive 2 Pikenier-Einheiten) MARS Arkebusiere

 

40 „Haiduken“ in 10 Schützen-Einheiten MARS Polnische Infanterie

 

 

Türken:

 

40 Janitscharen (5x Schützen und 5x Nahkämpfer) RED BOX, ZVESDA

 

66 Provinzler (in Einheiten zu 2 (Leichte), 3 (Kriegerhorden oder leichte Schützen) und 4 (Nahkämpfer oder Schützen)) MARS, RED BOX

 

18 leichte Reiter RED BOX, ZVESDA

 

 6 mittlere Reiter (3x Einheiten Sipahi) ZVESDA

 

 

Sonderregeln:

 

Wie stets gilt für’s Fußvolk, so viele Figuren auf der Plattform/Einheit stehen, so viele Kampfpunkte (KP); für die Reiterei hingegen plus 1 KP zur Anzahl der Figuren.

 

-      Sonderregel Nahkampf: Beim Nahkampf/Zweikampf mit Berittenen erhalten Fußsoldaten minus 1 KP.

 

-      Sonderregel Verbands-Zusammenhalt: Je 4-5 Einheiten Schützen (Polen wie Janitscharen) bilden einen Verband (hier von Regimentern zu sprechen, erscheint uns ein wenig hochtrabend, bleibt aber jedem selbst überlassen). Solange der Verband geschlossen auftritt, erhält er bei jedem Feuern plus 1 KP. Sobald nur noch 3 Einheiten übrig sind, entfällt dieser Bonus. Und sind nur noch 2 Einheiten in diesem Verband, erhält er einen Abzug von minus 1 KP.

 

Bild links: Großer Ausschnitt des Kampfes um die Wagenburg

Schlußwort:

 

Dieses Szenario eignet sich hervorragend dafür, auch ein paar mehr Figuren ins Spiel zu bringen, solange eine gewisse zahlenmäßige türkische Überlegenheit gewahrt bleibt. Auf den Photos sieht man von den Wagen nicht viel, deswegen könnt Ihr auch beliebige andere Karren ins Spiel bringen. Eigentlich gehören noch viel mehr Wagen in dieses schon sehr reduzierte Szenario, aber die hat man ja selten im Überfluß zur Hand. Dennoch gilt hier wie auch bei jedem anderen Vorschlag für eine nachgestellte Schlacht:

Ihr müßt Euch nicht wortgetreu an die Regeln halten, aber laßt Euch von Ihnen inspirieren.

 

 

©  für alle Texte und Photos, wenn nicht angegeben by Marcel Bieger