Kriege in Osteuropa

Donnerstag, 23. Juni 2016

 Bild oben: Gemeinfreies Bild von Ryszkiewicz, Józef (1856-1925) mit dem Titel "Tatarzy w straży przedniej armii tureckiej" (deutsch in etwa: Tataren als Vorhut der türkischen Armee).

 

Vorgeschichte

Schon seit langem plagen die Tataren, Vasallen des Osmanischen Reiches, das Gebiet der Polen, und die lassen von ihnen unterstehenden Kosaken Gleiches mit Gleichem vergelten. Im Jahr 1620 ist es dann so weit, beide Großmächte beschließen, nun Armeen ins Feld zu schicken. Beide Seiten sind allerdings noch nicht für einen Krieg gerüstet: der Sultan beschließt seinen Feldzug erst für das Jahr 1621, aber der polnische Feldherr „Hetman“ (sein Titel) Zolkiewsky marschiert mit unzureichenden Truppen nach dem Örtchen Cecora (rumänisch: Tutora) unweit der moldauischen Hauptstadt Jassy (veraltet: Jassenmarkt, rumänisch Iasi). Hier, auf fremdem Staatsgebiet, will er die Feinde abfangen. Moldau ist zwar nominell osmanischer Vasall, aber die polnischen Fürsten („Magnaten“) mischen schon länger in der Innenpolitik des rumänischen Fürstentums mit. Wie damals üblich wechselt der moldauische Hospodar (oder Gospodar, der moldauische erste Fürst) nach dem Einmarsch der Polen rasch die Fronten, läßt zum Zeichen seines guten Willens die Janitscharen-Garnison in Jassy niedermetzeln und die osmanische Gesandtschaft einkerkern, die gerade bei ihm erschienen ist, um ihm ins Gedächtnis zurückzurufen, wessen Untertan er ist.

 

In solch unruhigen Zeiten strömen die Moldauer nicht gerade in Massen zu den Waffen, um die Polen im Kampf gegen die Türken zu unterstützen. Statt in fünfstelliger Anzahl erreichen nur 1000 Moldauer das polnische Lager, das ziemlich genau dort aufgeschlagen worden ist, wo sich schon einmal vor 25 Jahren polnische Truppen gegen Türken und Tataren verschanzt haben. An der hiesigen Flußausbuchtung ist, wie eine mathematische Sehne, ein Graben gezogen worden. Der Graben ist etwa 3000 Schritte lang (ca. 2 km) und schließt eine Fläche von 1,7 Quadratkilomtern; bietet also ausreichend Platz für die Pferde und Soldaten. Für die Besatzung sind 6000 Mann vorgesehen. Die Polen machen sich daran, die Verschanzungen am Graben wiederherzustellen, aber die Arbeiten kommen nur schlecht voran.

 

        Ihnen marschiert auf getrennten Wegen eine recht gemischte Truppe entgegen, die aber durchaus den Gepflogenheiten damaliger Zeiten entspricht. Der osmanische Statthalter von Ochkiv (türkisch Ozi), Hauptstadt der gleichnamigen osmanischen Provinz an der Nordküste des Schwarzen Meeres (und damit Nachbar Moldaus) steuert einige seiner Provinztruppen (auch die Janitscharen) bei, dazu müssen die walachischen Vasallen Truppen stellen, Siebenbürger sind vielleicht dabei (die Quellenangaben sind sehr unsicher), Ungarn unter Gabor Bethlen sind darunter (vielleicht meinen die Quellen mit ihnen die Siebenbürger) und die Tataren dürfen natürlich auch nicht fehlen. Wir werden Bethlen später noch begegnen, hat er doch auf Seiten der Böhmen in den 30-jährigen Krieg eingegriffen. Der Statthalter läßt es sich nicht nehmen, diese Streitmacht persönlich anzuführen.

 

Schlacht

Die Moldauer erzählen den Polen, daß die Tataren noch weit seien und der türkische Statthalter noch längst nicht genügend Truppen beisammen habe. Doch bereits am 17. oder 18. September überfallen Tataren eine polnische Fourage-Truppe und nehmen sie gefangen (angeblich an die 1000 Mann). Am nächsten Tag müssen die Polen erkennen, daß der türkische Statthalter mit 40 000 Soldaten erschienen ist (darunter 20 000 Tataren). Die Türken greifen sofort die Lisowski-Kosaken an, die an der noch unfertigen Schanze lagern. Der Hetman schickt ihnen einige Kompanien Schützen zu Hilfe. Diese drohen, von der türkischen Vorhut umzingelt zu werden, können den Feind aber zurückschlagen. Der Statthalter läßt den Angriff abbrechen. Schon vorher sind die Moldauer zum Feind übergelaufen und greifen ihrerseits in die Kämpfe ein. Überhaupt steht es um die Moral auf der polnischen Seite nicht zum Besten. Am folgenden Tag will der Hetman die Entscheidung erzwingen. Um sich nicht von den Tataren umgehen zu lassen, greifen die Polen zu einem klugen Plan, um die beiden Lager-Ecken zu sichern. Seine Truppen läßt der Hetman also nach altem hussitischen „Tabor“-Vorbild zwischen einer Art Wagenburg aufmarschieren (je 60 Wagen in vier Reihen an den Außenseiten). Die Doppel-Wagenburg erstreckt sich an den Eckpunkten des Grabens, und er bemannt sie mit Schützen und seinen Kanonen, links die „deutschen“ Söldner (Soldaten in Ausrüstung und Machart den deutschen Truppen ähnlich), rechts „Haiducken“, polnische Soldaten in ungarischen Uniformen.

 

Zusammen mit den Truppen im Zentrum sollen auch die Wagen-Kolonnen vorgehen. Doch an einer Stelle kommt die linke Kolonne nicht mehr richtig voran und bleibt stehen. Die Truppen im Zentrum und die rechte Kolonne bewegen sich aber weiter. Die türkischen Führer erkennen die Lücke und lassen sofort die nun offene rechte Flanke der Polen angreifen. Der Hetman befiehlt der rechten Kolonne anzuhalten, um die linke aufschließen zu lassen, aber es entsteht vielmehr eine allgemeine Verwirrung, und am Ende müssen die Polen sich wieder hinter den Graben zurückziehen. Nur ein Teil der Truppen kommt im Lager an, anderen gelingt es nicht, durch den Wirrwarr der Karren einen Weg zurück zu finden. Sie werden erschlagen oder von den bereits wartenden Tataren gefangengenommen. Die Polen können einige Kanonen retten, verlieren aber ihre Fahnen. 800 Polen bleiben auf dem Schlachtfeld, die Türken verlieren 3500 Mann. Augenzeugen berichten (darunter der Woiwode – Fürst – von Kiew), daß die polnischen Husaren, die am rechten Flügel des Zentrums stationiert sind, sich zurückgezogen haben (für polnische Verhältnisse ein unerhörter Vorgang); doch andere erklären, daß die schwere Reiterei in dem allgemeinen Getümmel ohnehin nichts ausrichten konnte und sich daher abgewandt habe –dies allerdings keine rundum befriedigende Erklärung.

 

Ausbruch und Ende

Am nächsten Tag erkennen die polnischen Führer, daß die Schlacht nicht zu gewinnen ist, obwohl sie ihre Stellungen behaupten. Mit Mühe und Not halten sie ihre Truppe beisammen. Am 29. September brechen die Polen mit ihren „Tabor“-Wagen durch die türkischen Reihen und treten den Rückzug an. Die andere Seite besticht die polnischen Fürsten, und erstes Gefolge dieser Magnaten verläßt die Armee. Das veranlaßt auch einige der Söldner-Kavallerie, das Weite zu suchen. Noch gelingt es den Polen, alle Angriffe abzuwehren – auch den besonders heftigen am 3. Oktober, doch als der Grenzfluß Dnjester in Sicht kommt, gibt es für sie kein Halten mehr. Während eines weiteren heftigen Angriffs am 6. Oktober fliehen die restlichen Fürsten mitsamt ihrem Gefolge und lassen das Fußvolk und das Lager im Stich. In der folgenden Schlacht kommen sie fast alle ums Leben.

 

Nachhall

Nach diesem Sieg setzt der Sultan (auch auf Einflüsterungen Bethlens hin), einen ihm willfährigen Hospodar in Moldau ein. Im folgenden Jahr marschiert der Sultan mit einer Riesenarmee (angeblich an die 250 000 Mann) über den Dnjester. Eine neue polnische Armee von 35 000 Mann und dazu verbündete Kosaken bringt die Türken vor Chotyn (Chocim) zum Stehen. Die Schlacht geht unentschieden aus, und die Osmanen kehren heim.

 

 

 

 

 

 

Nachbemerkung 1

Wir haben uns weitgehend auf polnische Quellen bezogen, die im Zusammenhang mit der polnischen Wikipdia-Seite zu Cecora erwähnt werden. Einiges mußten wir kürzen, anderes weglassen. Polnische Quellen neigen dazu, die eigene Seite in den leuchtendsten Farben darzustellen, und hat es doch einmal eine Niederlage gegeben, waren verräterische Verbündete daran schuld (die Moldauer, die die Seiten wechseln, oder die fliehenden Reiter-Söldner, „Deutsche“ genannt, sind Beispiele dafür). Daß die Polen die Rumänen ebenso zum Spielball ihrer Interessen machen wie das die Osmanen tun, wird natürlich beschönigt. Dennoch enthalten die Quellen genug Stoff für eine spannende Schlacht. Doch ist es in diesem Zusammenhang schon interessant, das die ansonsten stets blütenweiße Weste der Husaren einen Fleck erhält und daß die polnischen Fürsten schlecht wegkommen; allerdings kommen sie stets schlecht weg, wenn sie den Interessen des polnischen Königs zuwiderhandeln. Shakespeare hat es in seinen Werken nicht anders gehalten und stets auf Seiten des englischen Königshauses gestanden. Was man ihm zugute hält, können wir deswegen die Polen nicht zum Vorwurf machen.

 

Nachbemerkung 2

Eine Fülle von Figurensätzen steht für diese Schlacht zur Verfügung, die hier aus Platzgründen nicht alle aufgeführt werden können (wir haben uns auf die neuesten Artikel beschränkt). Ein Problem stellen allerdings die Karren dar. Wir behelfen uns mit dem Wagen, der in der STRELETS-Packung vom napoleonischen Lagerleben enthalten ist (Artikel-Nr. 1); leider stellt STRELETS von unten aufsteigend seine Sätze ein, die Nummern 1 bis 5 der R-Reihe sind schon nicht mehr zu haben. Vielleicht findet Ihr bei Eurem Händler ja noch ein paar Exemplare. Davon abgesehen kann man sich aber auch mit allen anderen gezogenen Wagen behelfen, die man noch irgendwo herumfliegen hat, vom Planwagen bis zum Karren der Kaiserlichen aus dem 30-jährigen Krieg bei MARS (ja, genau, der mit der kleinen Kanone, die ist ideal). Für kleine Kanonen eignen sich aber auch die türkischen Seeleute/Artillerie (RED BOX 72080). Osmanische Reiterei ist zur Zeit auch schwer zu kriegen (ZVESDA legt zur Zeit ja alte Sätze neu auf, vielleicht sind die auch mal an der Reihe), aber zumindest bei dieser Schlacht kann man die türkischen Sipahi auch weglassen.