Kriege in Osteuropa


Mittwoch, 23. Mai 2018

Die Quellenlage ist nicht schlecht, vor allem, wenn man polnische und türkische Texte nutzen kann. Wie bedienen uns der Wikipedia-Seiten dieser beiden zur Schlacht, aber auch des Aufsatzes „Sultan Osmans Reise 1621 von Kadir Kazalak und Dr. Tufan Gündüz; nebst den üblichen diversen Kleinigkeiten.

 

 

 

 

 

 

 

 

Schlachtvorbereitungen

 

Am 24. August erreicht die polnische-litauische Armee den Raum Khotin und fängt an, sich rings um die Festung Khotin (in einigen Quellen als Burg bezeichnet) zu verschanzen, um den anrückenden Türken den Weg zu versperren. Solche Verschanzungen sehen bei den Polen so aus, daß sie zunächst ihr Lager befesftigen und dann rings um nämliches halbkreisförmig weitere Schanzen und Verhaue zu errichten. Die weisen Lücken auf, so daß Kavallerie hinaus und Gegenangriffe führen kann. Die Polen verlassen sich sehr auf ihre Reiterei, ihre Elitetruppe, die Husaren, und die mittelschwere Reiterei, die wie Kosaken gekleidet sind, von denen einige aber Kettenhemd und Helm tragen („Pancerni“). Hinter dem Lager liegt die Festung Khotin, und der Strom Dnjester fließt im Rücken der Anlage. Der Halbkreis ist in drei Abschnitte geteilt, die vom Hetman Chodkiewicz (rechts), Fürst Wladyslaw (Mitte) und Regimentarz Lubomirski (Hetman ist der Oberbefehlshaber einer Armee, der Kron-Hetman der des gesamten Heeres; der Regimentarz ist sein Stellvertreter; und richtig, der eine Titel leitet sich von Hauptmann, der andere von Regiment ab). Vor der Hauptverteidigungslinie befinden sich zwei weitere befestigte Lager, das der Kosaken und das der Freiwilligen-Einheit von Oberst Alexander Josef Lisowski; wie sonst auch üblich heißt sein Regiment Lisowskisches, polnisch: Lisowczcy).

 

Vorfeldkämpfe

 

Am 27. August zieht eine Kosaken-Einheit den Türken entgegen und legt sich nahe des Flusses Prut in den Hinterhalt. Sie gehen fast alle dabei drauf, bringen den Türken aber viele Verluste bei – so weit die polnische Version, hier die türkische (gekürzt): „Am Tag vor Shawwal (29. August) überqueren 200 Kasachen (Kosaken) den Fluß Prut und werden von lebhaftem Feuer empfangen … Sie gehen in Deckung, werden aber im Zweikampf geworfen … Sie verstecken sich im Wald. An Shawwal (30. August) haben die Kasachen zuviel Wein getrunken … Jetzt wird es leider etwas unübersichtlich: nach der vorliegenden Quelle werden die Kosaken alle niedergemacht, nach anderen gefangen dem Sultan vorgeführt, der sie, bis auf die Offiziere (Lösegeld?), alle hinrichten läßt. Es gibt noch weitere solcher „“Heldenstückchen“, allerdings nur in den türkischen Quellen: Eine Gruppe Polen soll sich in einer Höhle in den Bergen versteckt haben. Der Sultan läßt daraufhin Feuer vor dem Eingang entzünden, so daß die Polen elendiglich ersticken müssen.

 

Am 31. August erreicht die türkische Vorhut das Gebiet von Khotin und greift sofort die Kosaken in ihrem noch nicht fertig verschanzten Lager an, um sie zu zerstreuen und einen Keil zwischen sie und die Polen zu treiben. Aber der Angriff erfolgt vergebens, die Kosaken wehren sich zu heftig. Am 2. September trifft dann das osmanische Hauptheer ein.

 

Schlacht

 

Noch am selben Tag beginnen die Türken ihre Angriffe auf das unfertige Kosaken-Lager und versuchen, dort einzudringen. Es sind an diesem Tag die Janitscharen, die die Hauptlast des Angriffs tragen. Ihre Befestigung besteht aus einer Doppelreihe Karren, die mit Steinen und Sand gefüllt sind. Doch die Kosaken stehen ihren Mann (nach dem polnischen Wikipedia, weil sie ausreichend Verstärkungen von den Polen erhalten haben; das steht im Widerspruch zu anderen Quellen, nach denen die Polen sich beim Beistand für die Kosaken nicht gerade ein Bein ausgerissen haben.) Als die Kavallerie angreift, weichen die Kosaken. Ihre Reserven stehen hinter den Bäumen und eröffnen nun das Feuer auf die Angreifer, die von Sipahi unterstützt werden. Da fahren die polnischen Husaren den Sipahi in die Flanke und jagen sie auseinander. Dennoch dauert es noch bis zur Abenddämmerung, bis die Türken abgeschlagen sind.

 

Am 3. September versuchen sie es am linken Flügel der polnischen Hauptverteidigungslinie (Lubomirski), kommen aber nicht durch. Am Nachmittag sind dann wieder die Kosaken ihr Ziel. Die Kosaken wehren sie ab und stürmen dann den Fliehenden hinterher, folgen ihnen bis in deren Lager und kehren erst bei Einbuch beutebeladen zurück.

 

Die Antwort läßt nicht lange auf sich warten, am 4. September greifen die Türken erneut an, doch auch diesmal bleibt das Schlachtenglück ihnen abhold. Zwar haben sie in der Nacht einen Wall errichten können und auf diesem Geschütze in Stellung gebracht, mit denen sie alle feindlichen Lager bestreichen. Aber die Kosaken, Lisowkischen und andere schreiten mit solchem Ungestüm zum Gegenangriff, daß sie den Wall erklimmen und einige der türkischen Kanonen erbeuten. Die Polen nutzen die Gelegenheit zu einem Reiter-Angriff auf die feindliche Artillerie und zerstören weitere türkische Kanonen.

 

Am 7. September greifen die Türken insgesamt viermal das kosakische Lager an. Wie ein Zeitgenosse beobachtet, setzen die Osmanen bei ihren Angriffen zuviel Reiterei ein, wohingegen ihr Fußvolk zu schlecht sei. Am späteren Nachmittag versuchen die Türken es lieber wieder am Lubomirski-Flügel. Die Polen, die in den letzten Tagen wenig bis gar nichts zu tun hatten, bewachen ihr Lager nur mäßig, und einige von ihnen schlafen schon. Die Janitscharen dringen in die Gräben ein und bringen alle Polen (etwa 100) um, die sie dort antreffen. Doch weiter kommen die Türken nicht. Draußen sammeln sich aber bereits 10 000 weitere Türken zum nächsten Ansturm. Fürst Chodkiewicz reitet zum Gegenangriff mit vier Schwadronen (3 schwere Husaren und 1 Kürassiere, alles in allem gut 600 Mann). Die 10 000 Türken (hauptsächlich Sipahi) können diesem Angriff nicht standhalten und reiten in wilder Flucht in ihr Lager zurück. Die Türken verlieren 500 Mann, die Polen 30.

 

Chodkiewicz denkt an einen Nachtangriff in der Nacht vom 12. auf den 13. September, doch kurz vor Beginn der Unternehmung fängt es an, in Strömen zu regnen.

 

Die Türken verlegen sich nach der verlustreichen ersten Woche darauf, dem Gegner die Versorgung abzuschneiden, so daß er über kurz oder lang vor Hunger aufgeben muß Sie errichten eine Brücke über den Strom, um den Schiffsverkehr zu kontrollieren. Sie bringen auch einige ihrer Geschütze über den Dnjester, um die Festung und die Verteidigungsanlagen von hinten zu beschießen. Doch ihr nächster Angriff am 15. September schlägt ebenfalls fehl.

 

Am 18. September unternehmen dann die Kosaken statt der Polen einen Nachtangriff und fügen den Türken großen Schaden zu. Das Gleiche gelingt ihnen in der Nacht vom 21. auf den 22. September. Dabei fällt ihnen beinahe der türkische Politiker Ohrili Hüseyin Pascha in die Hände.

 

Zwar macht sich allenthalben Knappheit bei den Polen und Kosaken bemerkbar, doch den Türken ergeht es nicht viel besser. Am 24. September stirbt der alte Kron-Hetmann Chodkiewicz, und sein Stellvertreter Lubomirski übernimmt den Befehl. Er ordnet als erstes an, daß die geschwächten Verteidiger sich auf eine neue, kürzere Linie zurückziehen sollen. Die Türken ergreifen die scheinbar günstige Gelegenheit, werden aber wieder abgeschlagen. Am 28. September führen sie dann den letzten, ebenfalls scheiternden Angriff.

 

Die Jahreszeit ist schon zu weit fortgeschritten, die türkische Armee ist erschöpft, von den etwa 40 000 Mann Verlusten gar nicht erst zu reden, und die katastrophale Versorgungslage im eigenen Lager veranlassen Sultan Osman II., mit den Polen in Friedensverhandlungen zu treten. Am 9. Oktober kommt es zum Vertrag von Khotin, mit dem Polen und Osmanen zufrieden sein können. Als gemeinsame Grenze wird der Dnjester bestätigt, und Polen/Litauen garantieren, sich nicht mehr in die inneren Angelegenheiten Moldaus einzumischen.

 

Nachhall

 

Während man in Polen/ wie auch im Osmanischen Reich die Schlacht von Khotin als Riesensieg feiert und auch die Kosaken stolz auf ihre Leistung sind; aber insgeheim ist der Sultan gar nicht zufrieden. Vor allem die schwache Vorstellung der Janitscharen, eigentlich einer Elite-Truppe, geben ihm Anlaß zur Sorge. Er beschließt, diese Truppe zu modernisieren, aber die Janitscharen bekommen Wind davon, rebellieren 1622 gegen ihren Sultan, stoßen ihn vom Thron und erdrosseln ihn schließlich. In diesen Wirren kommt auch der türkische Politiker Ohrili Hüseyin Pascha ums Leben, nachdem er in sein altes Amt zurückgekehrt ist und nur 1 Tag dort wirken durfte.

 

 

Beim nächsten Mal gibt es die nachgestellte Schlacht.