Kriege in Osteuropa

Sonntag, 31. Januar 2016

„Allegorie auf die Türkenkriege“ von Johann von Aachen, dargestellt ist die Schlacht am Szeben vom August 1601. Das ist zwar nicht exakt unsere Schlacht, das Gemälde enthält aber einige für uns interessante Merkmale: die Dame in der Mitte stellt „Discordia“ dar, das Sinnbild der Zwietracht und aller denkbaren anderen Formen menschlichen Haders. Sie hält einige der 110 von Michael dem Mutigen erbeuteten Fahnen in der Hand (ganz links, blau mit weißem Rand = Wappen und Fahne des Fürstentums Moldau; Mitte = Fahne des Siegmund Bathory, einem Vetter von Andreas, der Siebenbürgen für seine Familie zurückerobern wollte; ganz rechts, blau mit weißem Rand = Wappen und Fahne von Odorhei, dem Hauptort der Szekler). Rechts vorn im Bild siebenbürgische Gefangene unter einem Schild mit heraldischen Symbolen ihrer Heimat: Hand, Vogel, Esel, Schaf. Links vorn die Göttin Diana mit einem antiken römischen Feldzeichen, dem Adler, hier allerdings in der Form des habsburgischen Doppeladlers. Über diesem schwebt das Zeichen des Steinbocks, des Sternkreiszeichens vom zu jener Zeit aktuellen Kaiser Rudolf II. (der allerlei okkulte und astrologische Neigungen hatte).

 

 

Vorgeschichte

 

Die beiden rumänischen Fürstentümer Walachei und Moldau stehen mal in ungarischer, mal in türkischer Abhängigkeit. Nach der schweren Niederlage der Ungarn in der Schlacht bei Mohacs 1526 gegen die Türken, setzt der Niedergang Ungarns ein, bis dieses in drei Teile zerfallen ist: Ober-Ungarn, das an Österreich kommt, das Fürstentum Siebenbürgen (das von vielen Rumänen – von den Ungarn Walachen genannt – bewohnt wird) und der große Rest, den die Türken ihrem Osmanischen Reich einverleiben. Siebenbürgen erhält, wie Walachei und Moldau, den Rang eines halbselbständigen Vasallenstaates.

 

Da waren es drei

 

Die nun drei rumänischen Fürstentümer bleiben innenpolitisch relativ unabhängig, außenpolitisch aber von der Gnade und Ungnade des Sultans in Istanbul abhängig. Selbiger läßt von seinen Vasallen „Stellvertreterkriege“ führen und pfeift die rumänischen Fürsten wieder zurück, wenn sie zuviel Schaden angerichtet haben; und wenn es ihm opportun erscheint, läßt er diese Fürsten auch schon einmal hinrichten. Doch auch die anderen Großmächte rings herum (Polen-Litauen und das Habsburgerreich) mischen gern in den drei Fürstentümern mit. Ganz klar, die Walachei, Moldau und Siebenbürgen müssen sich vereinen, um gegen die äußeren Feinde bestehen zu können. Der erste ist Michael der Mutige aus der Walachei, der dies Ende des 16. Jahrhunderts versucht. Er erhält Unterstützung von Österreich, sein Gegner Andreas Bathory, Kardinal und mittlerweile „Woiwode“ (Fürst) von Siebenbürgen, weiß Polen-Litauen hinter sich (die Türken halten sich vornehm zurück, noch … )

 

 

Die siebenbürgische Armee ist vor Herrmannstadt aufmarschiert (Figuren von MARS, ORION, RED BOX, ZVESDA)

 

Schlachtbeginn

 

Am 26. Oktober 1599 steht Michael südlich von Schellenberg und hat seine walachische Armee beisammen. In ihr dienen Serben, Ungarn, Sachsen, Kosaken und seit kurzem auch Szekler (eine Volksgruppe in Siebenbürgen), die aus Andreas Bathorys Armee zu Michael übergelaufen sind. – Die Truppen des Kardinals sind bereits vorher eingetroffen und lagern vor Hermannstadt.

 

Am Morgen des 28. Oktobers rücken die beiden Heere in Feldstellung, wie üblich eröffnen die Kanonen die Schlacht. Die nur 18 Geschütze zählende Artillerie Michaels richtet beim Gegner größeren Schaden an, weil dessen Aufstellung noch nicht abgeschlossen ist. Doch nach einer Weile können die 40-50 Stücke der Siebenbürger den Beschuß erwidern. Michael schickt nun die Fußsoldaten auf seinem rechten Flügel gegen die linke Flanke des Kardinals. Nach Anfangserfolgen werden sie jedoch von den ungarischen Husaren (Lanzenreiter nebst leichter Reiterei an deren Seiten) zurückgeschlagen. Der Kardinal zögert zu lange damit, seine Reserven einzusetzen und so vielleicht die Schlacht zu seinen Gunsten zu entscheiden; so erhalten die Walachen die Möglichkeit, sich wieder zu sammeln.

 

Bild links: Die walachische Armee (links im Bild)

 

Michael schickt jetzt seine schwere Reiterei (und auch die werden immer von leichter Reiterei unterstützt) im Zentrum ins Gefecht, wo noch einige Lücken vom vorherigen Artillerie-Überfall klaffen. Die Reiter dringen dort ein und entlasten so die walachische Infanterie auf der rechten Flanke. Die Gegenangriffe vom rechten Flügel des Kardinals erzielen nicht die erwünschte Wirkung, und so schickt Michael weitere Kavallerie ins Gefecht, um das Zentrum des Gegners jetzt erst recht zu schwächen. Endlich setzt Michael auch das Fußvolk an seinem linken Flügel gegen den Feind in Bewegung. Der Druck auf den linken Flügel des Woiwoden Bathory wächst weiter an, und die Walachen-Schützen können die Reihen des Gegners durchbrechen.

 

 Andreas Bathory flieht

 

Der Kardinal läßt seine Truppen im Stich und flieht vom Schlachtfeld. Um 15 Uhr steht die siebenbürgische Armee ohne Führung da, wird überall angegriffen und verliert allen Mut. Ihre Verbände lösen sich auf, und endlich wendet sich alles zur Flucht. Die Sachsen in Hermannstadt, die von den Zinnen die Schlacht verfolgt haben (ohne jedoch einzugreifen), wollen ihre Volksbrüder retten, indem sie Seile über die Mauer werfen und an die 350 ihrer Landsleute in Sicherheit ziehen. Am frühen Abend gibt Michael der Mutige Befehl, den fliehenden Feind zu verfolgen, damit der sich nicht einige Kilometer weiter sammeln und neu gegen ihn formieren kann.

 

Bild links: Beachte die Unmengen an Stradioten, die beide Seiten aufbieten, hier diese leichte Kavallerie im Anritt auf den Feind.

 

 

Nachhall

 

Die Siebenbürger haben hohe Verluste –
3000 Tote, 1000 Gefangene und Verwundete. Kardinal Andreas wird bald von den Szeklern auf der Flucht gefaßt und geköpft. Fürst Michael aber kann nach diesem Sieg und seinem weiteren Vormarsch erstmals alle drei rumänischen Fürstentümer zu einem Staatsgebilde unter seiner Führung vereinen. Die Freude daran währt allerdings nicht lange, natürlich ist ein solches neues Machtgebilde den drei angrenzenden Großmächten ein Dorn im Auge (so etwas soll es heute ja auch noch geben), und so zerfällt der Staat binnen eines Jahres wieder in seine drei Bestandteile. Michael (rumänisch Mihai) gilt in seiner Heimat aber heute noch als Held und erster Staatsgründer.

 

S. a.: https://ro.wikipedia.org/wiki/Bătălia_de_la_Șelimbăr