Kriege in Osteuropa


Mittwoch, 06. November 2019

Bild oben: Türken auf dem Balkan

 

Rührend

 

Ein/e/s Gutmensch/in/en belehrt uns in Wikipedia, daß es nicht “Wiener Türkenbelagerung” heißen dürfe, sondern “Wiener Osmanenbelagerung”, und da hat er/sie/es sich aber gehörig verstolpert, denn ganz genau richtig muß es “Türkenbelagerung von Wien” heißen; andernfalls würden die Wiener irgendwelche nicht näher bezeichneten Türken belagern.

 

Bild links: Eroberung von Konstantinopel



Seldschuken

 

Die Seldschuken, ein Turk-Volk, wandern im 11. Jahrhundert in Anatolien (heutige Türkei) ein, das zu Byzanz gehört. Schon 1071 kommt es zur Schlacht bei Mantzikert, die Byzanz haushoch verliert. In der Folge wendet es sich an das katholische West- und Mitteleuropa und bittet um militärischen Beistand der Glaubensvettern. Die Westler lassen sich Zeit, denn schließlich ist es 1054 zum Schisma, zur Kirchenspaltung gekommen, und seitdem sind sich Griechisch-Orthodoxe und Römisch-Katholische spinnefeind. Erst 1096 bricht aus Westeuropa ein Heer auf, um die heiligen Stätten der Christenheit (Jerusalem und dergleichen) aus der Hand der Muselmanen zu befreien. Das nennen wir dann die Kreuzzüge.

 

Aus dem Nebenstamm der Seldschuken geht im 14. Jahrhundert Osman hervor, der sich bald Emir nennt und sein Stammesgebiet in Anatolien prozentual erheblich erweitert. Seine Nachfolger, die sich alle auf ihn berufen, erweitern das Reich beträchtlich. Nachdem sie fast den gesamten Westen der heutigen Türkei unter ihre Herrschaft gebracht haben, überschreiten die Türken Mitte des 14. Jahrhunderts das Marmarameer, und dort eroben sie 1354 als erste europäische Stadt Gallipoli, 1371 wird Makedonien erobert, 1386-95 Bulgarien, und 1389 erfolgt die Schlacht auf dem Amselfeld, in der die Türken die vereinten Streitkräfte Serbiens, Bosniens und verschiedener Kleinfürsten des Westbalkans aufreiben. Doch dann erleben die Türken einen Rückschlag, der, na ja, sagen wir es einfach, Mongole Timur Lenk will das Reich Dschingis Khans wiederauferstehen lassen und erobert weite Teile Zentralasiens. Das Türkenreich der Osmannachfahren wird dabei fast ausradiert.

 

Bild links: Schlacht bei Mohacs 1526



Konstantinopel und Ungarn

 

1420 hat sich die aggressive Macht aus Anatolien wieder erholt und dehnt sich nach allen Richtungen aus (Vorderasien, Nordafrika). Man holt sich auch die verbliebenen Teile des byzantinischen Reiches, und 1453 ist es dann so weit, Konstantinopel wird von den Türken erobert. Damit ist der wichtigste Sperriegel auf dem Weg nach Europa gebrochen.

 

Als Nachfolger steht Ungarn bereit, damals um ein Vielfaches größer als heute, vom Adriatischen Meer bis nach Nordungarn (heutige Slowakei). 1470 erobern die Türken Albanien, 1475 die Krim (die Krim hat viele Herren kennengelernt, zur Ukraine gehörte sie nur 50 Jahre lang). Ein neuer Feind mischt sich ein, die Republik Venedig, die als Handelsmacht an der Balkanküste und in Griechenland viele Depenancen, vulgo: Kolonien besitzt. Die Türken halten sich lange damit auf, aber dennoch erleidet Venedig eine Niederlage nach der anderen. Hauptrivale Genua, nur noch ein Schatten seiner selbst – dabei waren Venedig und Genua die Hauptkriegsgewinnler der Kreuzzüge – besitzt noch eine Stadt auf der Krim, Caffa, wo seine Vertreter ab 1262 sitzen. 1475 streckt sie sofort die Waffen vor den anrückenden Türken - noch eine Macht, die länger als die Ukraine auf der Krim etwas zu sagen hatte.

 

1514 werden die Safawiden in Persien besiegt, 1517 das Mamelukenreich in Ägypten zerschlagen (die zuvor als einzige die Horden Timur Lenks abgewiesen hatten). Da Ägypten die Schutzmacht von Mekka und Medina ist, befördert sich das türkische Reich damit auf die höchste Stelle in der mohammedanischen Welt.

 

Bild links: Türken vor Wien, 1529 – eigentlich eine Buchillustration zur Apokalypse nach dem Johannes-Evangelium; der Künstler ordnet die Türkengefahr dem Weltuntergang zu.



Dann ist wieder Europa an der Reihe: 1521 erobert man Belgrad, die damals stärkste Festung weit und breit. 1522 ist Rhodos an der Reihe, auf dem sich der Johanniterorden niedergelassen hat. Der flüchtet danach nach Malta. Und 1526 kommt es dann zu der Katastrophe von noch größeren Ausmaßen als der Fall Konstantinopels: Das ungarische Heer wird bei Mohacs vollständig geschlagen. Damit steht Ungarn als Schutzwall gegen die türkischen Hörden nicht mehr zur Verfügung. Die Türken nehmen sich das von ihnen besetzte Ungarn, die Österreicher und ein ungarischer Emporkömmling, Johann Zapolya, streiten sich um die Krone für das restliche Gebiet. Der österreichische Erzherzog Ferdinand kann den Streit für sich entscheiden, aber Zapolya läßt sich zum Gegenkönig ausrufen.

 

1529 kehrt der türkische Sultan mit Heeresmacht zurück, und da ihn nichts und niemand mehr aufhalten kann, ist sein Zeil klar: Wien, die Hauptstadt des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation.

 

Die Türken bringen übrigens einige Neuerungen mit nach Europa: Volksverschiebungen in Grenzverschiebungen, sicher nicht ganz freiwillig, wie es noch die Römer getan haben – die “Knabenlese”, wobei im Abstand von 1-5 Jahren Knaben im Alter von 10-17 Jahren von ihren Eltern verschleppt und im fernen Istanbul zu treuen Moslems zwangserzogen werden – den Brudermord: nach seiner Ernennung zum Sultan bringt selbiger regelmäßig alle seine Bürder um, teils offen, teil mit Tücke, und niemand regt sich darüber auf.

 

Noch eine Bemerkung, wir haben den Begriff “Osmanisches Reich” vermieden, weil sich erst die 17. Jahrhundert nach und nach die türkischen “Oberen Zehntausend” Osmanen nennen, vor allem um sich von den niederen Schichten abzugrenzen. Unsere Geschichte aber spielt gut hundert Jahre früher.

 

 

 

Beim nächsten Mal

schauen wir uns mal an, wie es bei der Belagerung zugegangen ist.