Kriege in Osteuropa

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    • Russische Artillerie und Belagerung im 16. Jahrhundert

Dienstag, 12. Januar 2016

Zur Beschaffungslage:

 

Dank RED BOX sehen wir uns in der beneidenswerten Lage, über ein recht brauchbares Arsenal zu verfügen. Zweimal je zwei gleiche Geschütze (16. und 17. Jahrhundert, obwohl austauschbar), dazu ein leichtes Geschütz bei den „Kriegsmönchen“ (die wir immer noch für Fantasy halten, denn uns ist kein einziger Fall bekannt, an dem russische Mönche in ihrer Tracht in größerem Maße Widerstand geleistet hätten; aber die vier Kanonen nehmen wir gern) und etwas Neues: Schlachtfeld-Zubehör, besser gesagt Schanzwerk für Artilleriestellungen.

 

 

 

Außerdem gab es einmal von der anscheinend nicht mehr existenten Firma LW einen Artilleriesatz (ebenfalls 16. und 17. Jahrhundert) mit 3 Langrohr-Kanonen und 27 Strelitzen, von denen die meisten in Kampfposen im Infanterie-Kampf dargestellt sind, will sagen, es fehlen die Artilleristen (lediglich bei zwei der Posen könnte man mit viel gutem Willen … ). Aber die Kanonen entschädigen für alles. Sie haben das typische russische Langrohr. Die englischen Kollegen haben sich beschwert, daß die LW-Kanonen zu kleine Räder hätten, und auf den ersten Blick würde man ihnen recht geben wollen, wenn nicht, ja wenn es nicht im Artillerie-Museum zu St. Petersburg ein Diorama der Belagerung der Tataren-Festung Kasan durch Iwan IV. geben würde (s.u.), wo genau solche Geschütze abgebildet sind.

 

 

Wer also noch irgendeine Packung dieser russischen Artillerie auftreiben kann, sollte nicht lange zögern, sondern zugreifen und dem lieben Gott oder welchem höheren Wesen er frönt, auf den Knien danken. Natürlich sollte dennoch alles im Rahmen bleiben. Manche Händler nehmen für solche Sätze Mondpreise, und das ist es doch wirklich nicht wert. Pi mal Daumen 20 Euro sind die Obergrenze, darüber macht der Spaß keinen Spaß mehr.

 

 


Russische Abbildungen:

 

Es ist alles andere als leicht, an gemeinfreie russische Bilder zu kommen, um damit, zum Beispiel, diese Seite hier zu verschönern. Zwar ist das russische Urheberrecht vor einigen Jahren den modernen Verhältnissen angepa0t worden, bis zu den russischen Seiten im Internet scheint sich das aber noch nicht herumgesprochen zu haben. „In dubio anti reo“ möchten wir sagen und verzichten lieber, so schwer es auch fällt. Wir geben ein paar Links mit auf den Weg, soll doch jeder selber nachschauen. Aber wir haben eine Ausnahme gemacht, ein Photo von der Seite „Xenophon“, die von amerikanischen Rußland-Forschern betrieben wird (ja, natürlich, da sollte man sehr, sehr vorsichtig sein, aber diese Herrn und Damen scheinen lautere Absichten zu haben). Diese haben das Artillerie-Museum in St. Petersburg besucht und Photos vom Diorama über die Belagerung (1552) der Tataren-Festung Kasan geschossen, dabei aber leider offensichtlich den Blitz vergessen, weswegen die Aufnahmen nicht allzuviel preisgeben. Wir haben eines dieser Photos nachträglich bearbeitet, und es gewährt uns jetzt wenigstens einige Einblicke in die russische Belagerungstechnik.

 

Zur Zeit Iwans IV. besitzt das Fürstentum Moskau (bald die Keimzelle Rußlands) noch keinen Zugang zur Ostsee, geschweige denn zum Schwarzen Meer, und ist im Osten und im Süden von der Nachfahren der Mongolen, den Tataren, umgeben. Östlich von Moskau, an der Wolga, liegt die Festung Kasan, der Hauptort der Kasan-Tataren. Mit ihnen liegen die Russen des öfteren in Fehde, und der Zar zieht mit seiner Armee los, diesen Feind auszuschalten. Dies gelingt ihm 1552, und Rußland verläßt damit endgültig das Mittelalter.

 

Die Belagerung von Kasan im Bild (http://www.xenophon-mil.org/rusarmy/artymuseum/artille2.htm)

 

Uns interessiert vornehmlich die untere Bildhälfte, wo wir das russische Schanzwerk erkennen. So:

 

gelb Schanzkörbe (rund, vier- und sechseckig)

 

rot Fundamente für Geschütze

 

orange -  niedrige Brustwehr für Kanonenfeuer

 

(all dies läßt sich mit dem Zubehör-Satz von RED BOX nachstellen, sogar Verbindungen zwischen den einzelnen Stellungen errichten.)

 

hellblau -  Kanonen mit kleinen Rädern, vermutlich zum Direktbeschuß der Stadtmauer (wir hätten sie eher auf dem Kanonenturm vermutet, aber wir waren ja nicht dabei).

 

blau -  Mörser, es wird eben alles eingesetzt, was an Geschütz vorhanden ist.

 

grün -  Kanonenturm (in einigen Quellen fälschlich als Belagerungsturm bezeichnet, genau das ist er gerade nicht, denn er bleibt an Ort und Stelle und ist von oben bis unten mit Kanonen bestückt), von dem hier nur das oberste Stockwerk zu sehen ist. Aber es gibt zwei weitere Etagen. Die Kanonen oben sind groß und schwer und haben auch größere Räder. Der Turm muß also sehr stabil gebaut sein, um nicht nur das Gewicht, sondern auch die Rückstöße aushalten zu können.

 

hellgrün -  Tataren in der Stadt

 

hellbraun -  Schanzarbeiter (für unseren Geschmack etwas leichtsinnig so ohne Deckung), meist Bauern, die zu Erdarbeiten zwangsverpflichtet worden sind (mitunter Zehntausende, weswegen russische Heere gern mit phantastischen Stärkezahlen angegeben werden).

Schaut ruhig selbst genauer hin, man kann noch mehr auf diesem Photo entdecken.

Eigene Photos:

 

Erste Versuche an Artillerieschanzen sind hier zu erkennen, und wir sind ganz zufrieden, auch wenn wir so etwas wie den Kanonenturm noch nicht wiedergeben können. Wir haben die Rohre der vorhandenen Geschütze getauscht, um so eine größere Vielfalt zu erhalten (auf dem Diorama-Photo sind ja auch kaum zwei gleiche Geschütze zu erkennen).

 

Einmal abgesehen von den mysteriösen Kriegsmönchen sind uns noch einige andere Rätsel aufgefallen, vor allem die merkwürdigen Rillen und Riffelungen an den Kanonenrohren. Etwas Ähnliches haben wir lediglich bei einer einzigen Abbildung wiedergefunden. Sechs unserer Photos zeigen verschiedene Kanonen zwischen und in den Stellungen, das siebente unser kleines Arsenal.

 

Ja, wir hoffen, daß RED BOX noch weitere russische Kanonen herausbringt, und ja, wir recherchieren zur Zeit auch über die Belagerung von Kasan 1552.

 

Hier einige interessante Links, leider alle in Kyrillisch.

 

http://armor.kiev.ua/lib/artilery/01/ (ukrainische Seite in Russisch)

http://трымава.рф/?p=6880

https://en.wikipedia.org/wiki/File:TheTsarCannonJuly2004.jpg
(In englischer Sprache; Iwan IV. liebte Riesenkanonen, hier die größte des 16. Jahrhunderts.)