Spät-Renaissance, 1470 - 1560


Donnerstag, 09. Januar 2020

Im Spätmittelalter reichen die althergebrachten Mobilisierungs-Maßnahmen nicht mehr aus, um eine ausreichend große Armee ins Feld zu führen. Bislang rief der Herrscher seine Lehnsleute zusammen, und die kamen mit ihrem Gefolge herangezogen (oder auch nicht), meist eine Ansammlung von verschiedenen Truppen in der jeweiligen Stärke einer Fußballmannschaft. Die Schar der Gefolgsleute war kaum jemals groß, und die sonstigen Untertanen (sprich Bauern) wurden nur selten bewaffnet – die Gefahr war nicht gering, daß sie sich damit gegen ihre Herren wenden könnten. Verschiedene Übergangsformen erwiesen sich nicht als von Dauer (beispielsweise die Einteilung in Lanzen oder Gleven), und so mietete sich der Fürst Waffengeübte, die gegen Sold für ihn kämpften – die Söldner. Söldner wurden nur für eine Schlacht oder einen Feldzug angeworben, und danach stellte sich das Problem, wie diese Leute wieder loswerden.

 

Mitte des 15. Jahrhunderts verfiel der gerade aktuelle französische König auf die Idee, die Scharen von Söldnern, die durch das Ende des 100-jährigen Krieges arbeitslos geworden waren, nichts mehr zu essen hatten und deswegen plündernd und marodierend durchs Land zogen, fest in seinen Sold zu nehmen. Das stehende Heer war geboren (die Männer bezogen auch in Friedenszeiten Sold) zumindest in einer Vorform. Lange hat sich diese neue Regelung nicht gehalten, so etwas geht ja auch ins Geld. Die modernen und dauerhaften stehenden Heere sind dann auch erst 200 Jahre später eingerichtet worden.

 

Doch es gibt weitere Versuche: Der junge ungarische König ist nicht gerade arm (sein Land besitzt Goldvorkommen), und so schafft Matthias Corvinus sich eine stattliche Söldnertruppe, die als „Schwarze Armee“ bekannt geworden ist (auch „Schwarze Legion“ oder „Schwarzes Regiment“); obwohl niemand weiß, woher der Name stand. Die Söldner selbst haben sich nicht so genannt.

 

Der König beläßt es aber nicht dabei und entwickelt für seine neue Truppe auch eine neue Taktik. Seine „Schwarze Armee“ besteht aus 5 Waffengattungen, der schweren Reiterei, der leichten Reiterei, der schweren und der leichten Infanterie und den Schützen. (s. Abbildung 2). Seine besondere Vorliebe gilt den Handbüchsen und Vorformen der Arkebusen, und er hätte gern noch mehr Schützen in seiner Truppe gehabt, aber die waren zu teuer, und irgendwo hatten auch die ungarischen Finanzen ihre Grenze. Die Schatzkammer nahm 600 000 Forint (und mehr, aber nie eine Million) im Jahr ein, und je höher das königliche Einkommen, desto mehr Söldner (oder weniger). So schwankt die Anzahl der „Schwarzen Armee“ erheblich. Zum Größenvergleich, das türkische Sultanat in jener Zeit erzielte Steuern in Höhe von 1 800 000 in entsprechender Währung. Die Söldner kamen in ihrer absoluten Mehrheit aus Deutschland, Polen und Böhmen – englische Seiten legen natürlich Wert auf die Feststellung, daß von ihrer Insel auch ein paar dabeigewesen sind, und immer wieder findet man Hinweise auf Schweizer, die Matthias angeworben haben will, aber leider nirgendwo etwas Genaues.

 

Schießpulver war zu jener Zeit sehr teuer, so daß Matthias nicht so viele Gewehrschützen einstellen konnte, wie er das gern wollte. Er füllte ihre Reihen daher mit Bogen- und Armbrustschützen auf. Als in Siebenbürgen (damals ungarisch) Büchsenmacher eine eigene Gewehrfertigung beginnen, kommt Matthias billiger an Schußwaffen heran. Dafür bleiben die Städter vom Militärdienst befreit; wie überhaupt zunächst keine, später einige Ungarn in der „Schwarzen Armee“ zu finden sind – die sonstigen dürfen dann die ständig steigenden Steuern entrichten.

 

Die „Schwarze Armee“ übernimmt zunächst die Taktik der Hussiten, nämlich Fußvolk in die Karren einer Wagenburg zu setzen. Zu Schlachtbeginn rückten die Gewehrschützen vor und feuern ihre Waffen ab. Mit steigender Arkebusen-Zahl fanden diese in der Wagenburg Einsatz. Die leichte Reiterei piesackte den Gegner, und die schwere Reiterei schützte die Wagenburg, falls der Feind doch einmal durchbrechen sollte. Die leichte Infanterie bemannte die Wagen. Die Dreschflegel, welche die Hussiten noch erfolgreich eingesetzt haben, wich allmählich der Hellebarde und anderen Stangenwaffen. Noch später fanden statt den Karren Stellschilde, sogenannte Pavisen, Verwendung. Man stellte sie wie eine Palisade rings um die Armee auf und stellte dahinter Schützen und schwere Infanterie. Armbruster- und Gewehrschützen können hinter den Schilden geschützt nachladen.

 

„… Wir betrachten die gepanzerte schwere Infanterie als eine Mauer, die ihren Platz niemals aufgibt, selbst wenn sie an der Stelle, an der sie stehen, bis zum letzten von ihnen geschlachtet werden. Leichte Soldaten führen je nach Anlaß einen Ausfall durch, und wenn sie bereits müde sind oder eine ernsthafte Gefahr spüren, kehren sie hinter die gepanzerten Soldaten zurück, ordnen dort ihre Linien und bleiben dort, bis sie gelegentlich wieder ausbrechen können. Am Ende sind alle Infanteristen und Schützen von gepanzerten und abgeschirmten Soldaten umgeben, so wie diese hinter einem Wall stehen.“

 

- Matthias Corvinus: aus einem Brief an seinen Schwiegervater König Ferdinand I. von Neapel in den 80er Jahren des
15. Jahrhunderts.

 

Schwere Reiterei Das ausklingende Mittelalter ist auch gleichzeitig das Ende der Ritterzeit. Die schwergepanzerten Reiter stehen zwar in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts auf dem Höhepunkt ihrer Entwicklung, aber eine weitere Steigerung ist nicht mehr möglich, und so läutet ihr Höhepunkt auch gleichzeitig ihren Niedergang ein. Doch noch ist es nicht so weit, und so verfügen spätmittelalterliche Heere über reichlich schwere Reiterei. Sie führen die entscheidenden Angriffe aus und müssen dafür noch nicht einmal an den Flanken gesichert werden (was im 16. Jahrhundert nicht mehr möglich ist). Die Panzerreiter machen ungefähr ein Sechstel der „Schwarzen Armee“ aus. Ihre Hauptwaffe ist die vier Meter lange Lanze und der Faustschild oder Buckler (er bedeckt nur Hand und Unterarm): dazu das 1 Meter lange klassische Schwert und seine Varianten, Streitkolben, Schlachtaxt und je nach Vorliebe auch Schußwaffen.

 

Leichte Reiterei Matthias hat diese Gattung besonders gefördert, und da sie aus Ungarn bestand, trug sie auch den ungarischen Namen „Husaren“ - für je zwanzig (ungarisch „Husz“) Leibeigene mußte der Fürst einen Reiter stellen und ausstatten. Die Siebenbürger und Moldauer entwickelten daraus den berittenen Bogenschützen. Ihre Aufgaben bestand in der Aufklärung, Flankensicherung, Störung der feindlichen Verbindungslinien und der Verwirrung feindlicher Verbände. Manchmal leiteten sie mit ihrer Attacke auch den Angriff der Panzerreiter ein. An Waffen führten sie Bogen, Krummsäbel und Wurfaxt mit.

 

Infanterie Das Fußvolk stellte den stabilen Kern der „Schwarzen Armee“ dar. Die schwere Infanterie trägt schwere Rüstungsstücke, andere zumindest ein Kettenhemd (keine Regel). Hinzu kommen die Stellschilde, deren Anzahl immer weiter anwächst, während die der hussitischen Kriegswagen abnimmt. Die schwere Infanterie wehrt feindliche Angriffe ab, während hinter ihr die leichten Truppen, meist Schützen, den Gegner beschießen. Bei günstigen Gelegenheiten rücken die Schützen vor die schwere Infanterie, um den Feind gezielter beschießen zu können. Bei anderen ziehen sie sich hinter das schwere Fußvolk zurück. Aber stets werden sie von Pavisen geschützt (die eigene Träger haben).

 

An Waffen stehen ihnen (neben den Schußwaffen) Hellebarden in allen Erscheinungsformen, Spießen, Ahlpiken (Stange mit einer Schlinge am Ende, die über den Reiter geschwungen wird, um ihn vom Pferd zu reißen), alle Formen von Bauernwaffen und die üblichen Schwert und Axt.

 

Die Zeichnungen sind der Seite entnommen:

 

Hunyadi Mátyás Fekete Serege (http://leletek.lapunk.hu/?modul=oldal&tartalom=1187702)

 

 

 

 

Beim nächsten Mal

 

beginnt der zweite Teil des Livländischen Krieges.