Spät-Renaissance, 1470 - 1560


Freitag, 08. Mai 2020

Bild links: MiniArt, Set 72003

French Foot Soldiers with Rams

 

Um es gleich vorwegzusagen,

 

Wiener Neustadt ist kein Stadtteil von Wien, sondern liegt 50 km südlich des Kaisersitzes und ist, wie man heute sagen würde, auf dem Reißbrett entstanden. Dafür besitzt der Ort eine formidable Festung, und deswegen braucht der Ungar auch 18 Monate, sie einzunehmen. Sie wird beschrieben „als mit einem dreifachen Graben, mit dicken, hohen Mauern und mit vier Toren mit Zugbrücken versehen.“

 

Belagerung

 

Im Winter 1486 führen die Ungarn die Belagerung nicht sonderlich gründlich durch, und so wird es 500 deutschen Rittern möglich, während der Nacht 200 von Ochsen gezogene und mit Lebensmitteln beladene Wagen durch die Reihen der Ungarn zu führen und in die Stadt zu bringen. König Matthias ist darüber so erbost, daß er (er residiert in Wien) beschließ, teinen Teil seiner sich bei ihm befindlichen Truppen nach Neustadt zu schicken. Nachdem der neue Anführer Zapolya vergebens mit seinen Kanonen und Belagerungsmaschinen die Mauern der Stadt zu erschüttern versucht hat, bemüht sich der ungarische König selbst vor die Stadt. Er läßt einen 8000 Meter langen Graben um Neustadt anlegen, um den Belagerten weiteren Nachschub zu verwehren.

 

Bild links: MiniArt, Set 72001

Burgundian Knights and Archers

1000 Schritte vor der Vorstadt (= die Vororte, die Siedlungen vor der Stadtmauer) lagern nun der König mit seiner Schwarzen Legion, ein Stück weit dahinter Zapolya mit dem Hauptheer. Ein paar Tage später dringt Matthias mit seinen Mannen über die Verteidigungsgräben in die Vorstadt ein und läßt sie niederbrennen. Die schwarze Legion verfolgt die fliehenden Truppen in der Vorstadt bis zum Wiener-Tor. Die Verteidiger können gerade noch über die gesenkte Zugbrücke in die Stadt gelangen, da zieht man sie auch schon in aller Eile hoch, damit die Feinde nicht eindringen können. Am folgenden Tage stecken die Bürger die verbliebenen Vororte in Brand. (Bevor die Angreifer nahe genug herangerückt sind, nutzen sie die Vorstädte gern, um daraus die Belagerer zu beschießen; sind die Belagerer in den Vorstädten, gibtt es für die Belagerten nichts Dringlicheres zu tun, als die Vorstäde plattzumachen, so daß dort niemand Deckung finden kann.) Die Bürger schonen nur die Vorstadt vor dem Unger-Tor, weil sich hier der Zugang zur Burg befindet, den man noch lange verteidigen will.

Bild links: MiniArt, Set 72002
French Knights with Assault Ladders

 


Zur gleichen Zeit läßt Matthias sein schweres Geschütz und sein sonstiges Belagerungsgerät an den Verteidigungsgraben vor dem Wiener-Tor heranschaffen und rüstet sich zum Sturme. Fortan stehen die Mauern Tag und Nach unter Beschuß. Doch die Verteidiger nebst den Bürgern leisten hartnäckigsten Widerstand, so daß die Belagerung sich bis weit in den Juni 1487 hinzieht. Erst am 29. d. Monats fühlt man sich in Neustadt so geschwächt, daß man in Verhandlungen treten will. Die Mauern sind zerschossen, die Ausfälle der Belagerten bringen immer mehr Verluste mit sich, und die Bevölkerung hat nichts mehr zu essen.

 

Da brechen fünf kaiserliche Hauptleute und ein Ratsvertreter zum ungarischen König auf, um mit ihm die Bedingungen für die Übergabe auszumachen. Dabei kommt es zu einer Besonderheit, wie sie wohl nicht alltäglich ist: Man will drei Wochen lang Waffenruhe halten. Wenn innerhalb dieses Zeitraums kein kaiserliche Ersatzheer eintrifft, soll die Stadt sich dem Ungarnkönig ergeben. Wenn es sich dabei um keine erfundene fromme Legende um den „guten“ König Matthis handelt, muß man vermulich davon ausgehen, daß den Belagerern die Truppen knapp geworden sind. Wie dem auch sei, Kaiser Friedrich III. und sein Sohn Maximilian können keine Armee aufbringen, um Wiener Neustadt zu befreien, und so verstreichen die 3 Wochen ungenutzt.

 

Bild links: MiniArt, Set 72010
Hussites


Die Sache hat dennoch, zumindest für den Kaiser, ein gutes Ende: 1490 stirbt Mathias Corvinus, seine Truppen ziehen sich nach Ungarn zurück. Friedrich III. lebt noch drei Jahre und kann sich wieder als Herr im eigenen Haus fühlen. Maximilian erobert alle besetzten Städte zurück, wo sich ihm kaum Widerstand entgegenwirft. Ein gutes Vierteljahrhundert später, nach der schweren Niederlage bei Mohacs (1526) gegen die Türken, geht Ungarn unter und wird in 3 Teile geteilt (den türkischen, den österreichischen und Siebenbürgen).

 

 

Beim nächsten Mal

lassen wir noch einmal die Horden der Ungarn und der Deutschen aufeinanderprallen.

 

In eigener Sache

Da die russische Reiterei wohl auch noch länger ausbleibt – „Plastic Soldier Review“ geht von mehreren Monaten aus – nehmen wir den Livländischen Krieg Kapitel II vorerst aus dem Programm und finden etwas anderes.

 

Einige von Euch haben sich beschwert, daß wir der Schwarzen Legion keine Piken mit auf den Weg gegeben haben. Auf Ehre und Gewissen, wir haben keinerlei Belege dafür gefunden. Einzig einige Landsknechte haben sich in der ungarischen Armee (nicht der Schwarzen Legion) mit langen Spießen gefunden, allerdings erst ab 1490, als Matthias nichts mehr mit ihnen anfangen konnte. – Aber entscheidet für Euch selbst.